Kuna Filmprojekt

Liebe Leute,
jetzt will ich mal anfangen und versuchen mir die gesamten Eindrücke der letzten zwei Wochen runterzuschreiben.. ..und das sind mal wieder eine Menge.. wie immer.. 🙂
Diesmal allerdings ist es noch ein bisschen extremer. Wir haben nämlich mit unserem geplanten Filmprojekt voll ins Schwarze getroffen und bei den Kuna-Indianern eine extreme kulturelle Erfahrung gemacht.
Wir entspannen uns gerade in Bocas Del Toro, Panamá und reden jeden Tag über diese Erfahrungen um sie irgendwie zu verarbeiten..

Normalerweise sitze ich ja jetzt und überlege wo und wie ich anfangen soll. Irgendwie ist es immer schwierig die gesammelten Eindrücke zu ordnen und zu verschriften. Es ist schließlich soooo viel..

Dieses mal allerdings weiß ich aber genau wie ich anfange..  Nicht wie üblich am ersten Reisetag, sondern vor gut vier Jahren.. Keine Angst, danach springe ich direkt hierher..;-)

Alles fing im Prinzip vor gut vier Jahren mit einer Frau an.. Nein, nicht so wie Ihr jetzt denkt..;-) Sondern mit einer älteren Indianerdame die ich in Capurganá gesehen hatte.
Ich hatte dort damals meine zweite Freiwoche während meines Auslandseinsatzes in Colombia verbracht.
Wer diese Berichte gelesen hatte, weiß wie sehr mich dieser kleine Grenzort zu Panamá beeindruckt hatte.
Joey und ich sind damals gute Freunde geworden.

Also, wir saßen mal bei extremer Hitze und Schwüle mit einem Bierchen zusammen an der Mole als mir eine extrem bunt gekleidete Frau aufgefallen ist. Sie hatte ein indigenes Aussehen und war recht klein.
Ihre Kleidung bestand aus einem bunten Wickelrock, einer bunten Bluse mit bunten aufgesetzten Stoffmustern. (die „Molas“ erkläre ich später nochmal)
An den Unterschenkeln und Unterarmen trug die Frau bunte Reifen. Das Gesamtbild wurde von einem bunten Kopftuch abgerundet.

Joey erklärte mir auf Englisch: „Schau Dir mal die Dame an..! Die kommen den gesamten Weg von Armila zu Fuß runter um hier ein paar Molas zu verkaufen“

Wie, was..?? Ich verstand erstmal gar nichts.. „Armila, Mola..“ Was ist das alles..?
„Hola Maamii..!“ rief der Joey, und die Dame kam zu uns.. gewandelt.. Das war irgendwie das beeindruckendste. Obwohl diese Dame so klein war, strahlte sie eine absolute Erhabenheit aus.. Ihre Mimik veränderte sich nie.. Man konnte nie erahnen, was sie wohl gerade gedacht haben muss. Na vielleicht wollte ich das auch nicht..;-)

Na auf jeden Fall zeigte sie uns welche von diesen Molas. Das sind kunstvoll, aus mehreren Lagen genähte Stofftücher. Die Motive stammen aus der Natur oder Mythologie der Indianer. Ich fand diese Dinger wirklich schön und habe mir auch gleich zwei gekauft.
Ein nettes Verkaufsgespräch, ein Lächeln, ein freundliche Danke für das Geschäft.. NEIN.. Mit unveränderten Gesichtsausdruck ist die Dame wieder davon geschritten..

Was war das.., was habe ich falsch gemacht..?, habe ich die Dame irgendwie verärgert..?
Nein, nein meinte Joey. Alles ok. Das ist normal.
Naja gut ok.. Aber wo kommt sie her was ist Armila?

Da hatte mir Joey alles erklärt.
Armila ist das erste Dorf der Kuna Indianer. Circa 10 Km hinter der Grenze zu Panamá. Dort beginnt das Gebiet der Indianer und erstreckt sich über das Küstengebiet und 365 Inselchen ca. 250 Km hoch bis El Povenir.
Das Kuna-Gebiet, auch Kuna Yala genannt, steht unter autonomer Verwaltung der Kuna Indianer. Diese autonome Verwaltung wurde in einem teils blutigen Kampf mit der panamaischen Regierung gewonnen.
Der Hintergrund und die geschichtliche Entwicklung der Indianer lässt sich sehr gut auf Wikipedia nachlesen.
Ich möchte daher hier nicht näher darauf eingehen und mich unseren aktuellen Trip widmen. Da werde ich schon genug zu schreiben haben..:-)

Jedenfalls war mit dieser Begegnung mein Interesse für diese Kultur geweckt. Eigenständig lebende Indianer. Und dann in dieser fantastischen Gegend. Toll!! Da muss ich hin..

Und lag das Problem.. So einfach wäre das nicht, meinte Joey. Erstmal muss man nach Panamá. Das geht noch mit dem Boot. Von dort geht es aber in ca. zwei Stunden durch den Dschungel. Der ganze Tripp, hin und zurück dauert mindestens zwei Tage. Ich hatte nur noch zwei.. Ausserdem brauch man eine Erlaubnis der Stammesbehörde und einen lokalen Kontakt..

Ach Mist.. Aber wer mich kennt, weiß, dass ich mich an solchen Sachen festbeissen kann..
Ich möchte die ganze Vorgeschichte, die aber trotzdem wichtig ist, etwas abkürzen. Vor ca. drei Jahren bin ich dann mit Leyri mal wieder in die Ecke nach Capurganá in Nordkolumbien getravelt. Unser Plan war folgender:
Wir verbringen ein paar nette Tage bei Joey in Capurganá und versuchen dann irgendeinen Bootkäptn zu bekommen, der uns mit durch die San Blas Inseln nimmt. (Kuna Yala)
Joey meinte, dass ca einmal pro Woche einer Capurganá mit dem Segelboot in Richtung Panamá verlässt, und Passagiere sucht, um die Kosten zu reduzieren.
Toller Plan. Ich hatte das selber mal erlebt als Joey gefragt wurde, ob er den Kunden für solch einen Boottrip hätte. Das war allerdings ein Jahr später. Zu dieser Zeit war ich dort um mich eine Woche von meinem Renovierungsstress zu erholen..

Bei dem Trip mit dem Leyri lief es schlechter.. Nämlich bei ca einmal pro Woche haben wir das „ca“ erwischt. Kein Boot, kein Käptn. Also haben wir nach gut einer Woche Capurganá enttäuscht via Puerto Obaldia nach Panamá verlassen. Hierzu gibt´s auch einen Bericht..
Also wieder keine Kuna.. Später erzählte mir Joey, dass zwei Tage nachdem wir Capurganá verlassen hatten ein Käptn eine Crew gesucht hat..
Naja, jetzt wissen wir wozu es gut war;-)

Als ich dann das letzte mal (während der fucking Renovierung) dort war sprachen wir auch wieder über die Kuna.
Nery, die Frau von Joey merkte wie wichtig mir dieses Thema war, und sagte, sie würde den Nacho kennen.
Der wäre eine wichtige Person in Armila und hätte sehr gute Kontakt zu dem dortigen Ältestenrat. Den könnte man dochmal fragen..
Der Gedanke hörte sich gut an. Ich WOLLTE dort unbedingt hin..

Damals wieder zu Hause saß ich irgendwann mal mit Kai zusammen. Das war nun vor ca. zwei Jahren. Wir sprachen über reisen und Indianer. Kai ist ja Filmproduzent und erzählte mir, wie stark gerne er mal eine Dokumentation über ein Indianervolk in Lateinamerika machen würde..

TAATAAAAAAAAAA!!!!!! DIE IDEE WAR GEBOREN:-))

Ich hatte die Kontakte und das Know How für solch eine Reise und Kai war die Komponente zum Filmprojekt.
Jetzt musste das nur noch organisiert werden.. Und das war schwierig. Zuerst kontaktierte ich Nery. Skype sei dank!!
Der schwierigste Punkt war allerdings den Kontakt zu Nacho herzustellen. In Armila gibt es kein Strom..
Irgendwann nach zahlreichen versuchen konnte ich dann mal seinen Sohn Naky in Panamá Stadt kontaktieren.. Er versprach mir, unser Anliegen an seinen Vater weiterzuleiten.
Alles sehr sehr sehr sehr schwierig. Es folgten noch zahlreiche Mails, Anfragen und Telefonate mit Nery meinerseits.
Schließlich, nach ca. eineinhalb Jahren waren wir dann soweit, dass wir das OK und einen recht konkreten Zeitrahmen für unser Projekt hatten. Wir waren begeistert.
Alle Vorzeichen standen gut. Jetzt hieß es Daumen drücken und die Reise organisieren. Schließlich weiß ich, dass bei einem solchen Projekt in dieser Gegend noch einiges in die Hose gehen kann..

Bei der Vorbereitung hat uns der Bruder von Kai, Daniel, auch sehr viel geholfen. Unter anderem hat er ein Schreiben für die Botschaften in Bogotá und Panamá aufgesetzt.
Die Botschaft in Bogotá hat zwar auch sehr schnell und freundlich geantwortet, uns aber leider keine Unterstützung für unser Projekt zugesagt. Vielmehr hat man uns darauf hingewiesen, dass es vom Auswärtigen Amt eine Reisewarnung für dieses Gebiet gibt..
Ich weiss.. hab ich mir gedacht. Ich kannte aber auch leider niemanden mehr in der Botschaft dort.. Egal, es sollte auch so gehen. Schließlich kannte ich dort genügend Leute und war auch schon paarmal dort.:-)

Am Mittwoch den 5. November gings dann los nach Bogotá. Dort sind wir umgestiegen und direkt weiter nach Medellin geflogen.
Ich war begeistert, wie gut das an dem neu umgebauten El Dorado Flughafen in Bogotá lief. Früher musste man mit dem Taxi noch das Terminal wechseln.
Alles super. Und als Standby-Flieger ist es eh absolut dankbar mit Avianca zu fliegen.. Bravo. Die mag ich:-)
In Medellin angekommen haben wir zwei Tage lang erstmal noch einige Sachen geregelt und uns die Flüge nach Acandí gekauft.
ADA operiert von Medellin aus und fliegt mit kleinen Propellerfliegern zahlreiche Ziele in Kolumbien an, zu denen man sonst nur sehr schwer hinkommt.
Leider fliegt ADA Capurganá nicht mehr direkt an. Die Firma verfügt nicht mehr über den Buschflieger vom Typ Twinotter mit denen ich sonst dort hingeflogen bin. Die der Firma verbliebenen Propellermaschinen können auf der kurzen Schotterpiste in Capurganá nicht landen. Also ab in das, von Capurganá ca 20 Km entfernte Acandí.

In Acandí schließlich ging´s dann mit einer Kutsche (auch in Acandí gibt es keine Autos) zur Mole. Dort hatten wir noch ca. 3 Stunden Zeit bis uns das Boot nach Capurganá bringen sollte.
Da es so heiß und extrem schwül war, hatten wir uns entschlossen erstmal ein kühles Bierchen zu trinken 🙂 ..und ich war irgendwie wieder soooo happy in dieser Gegend zu sein. Für unser gesamtes Projekt hat sich ein super Gefühl eingestellt.

Am Mittag ging´s dann los. Mit dem Boot nach Capurganá. Hahaaaaa, :-)) und endlich wieder da. Mein fünftes mal.. Und sicherlich nicht das letzte mal..

Ich habe kurz Joey angerufen und uns zwei Bierchen besorgt um die Wartezeit zu überbrücken bis er schließlich strahlend mit seiner Kutsche und seinem geliebten Pferd „Che“ um die Ecke gebogen kam. Natürlich gab´s auch noch ein Begrüßungsbierchen. 🙂 Jaja, ich weiß.. Aber uns standen auch noch wirklich arbeitsreiche Tage bevor..

Über die folgenden drei Tage gibt´s eigentlich nichts neues zu berichten. Wer die Blog-Einträge über die letzten Reisen nach Capurganá gelesen hat, dürfte im Bilde sein, was dies für eine tolle Gegend ist, und warum ich so begeistert davon bin..
Wir genossen den Dschungel, den Strand, das leckere Essen von Nery und besprachen unser Vorhaben für die nächsten zwei Wochen.. Das ein oder andere kalte Bierchen gab´s auch.. 😉
Einmal hatte es die gesamte Nacht so stark geregnet, dass der Fluss auf ein vielfaches angestiegen war.. Da war kein rüberkommen. D.h. ins das nahegelegene Dorf war für uns abgeschnitten. Irgendwie stark zu erfahren wie die Natur den dortigen Tagesablauf bestimmt.. Man geht nämlich ausserdem nach Einbruch der Dunkelheit uns Bett, und steht mit Sonnenaufgang wieder auf. Da wird man von den Papageien geweckt.
Dieser Rhythmus kam unserem Jetlag noch sehr entgegen.
Sonst versuchten wir uns die folgenden drei Tage einfach zu klimatisieren.
Einen Ausflug machten wir aber noch nach Panamá. Diesen kurzen Trip wollte ich Kai nicht vorenthalten.
Man fährt mit dem Boot in das nahegelegen Sapzurro. Dies ist der letzte Ort vor der Grenze zu Panamá.
Von dort läuft man über einen kleinen Berg, passiert den Grenzposten und geht auf der anderen Seite wieder hinunter. Man ist in Panamá.
Dort, nahe dem kleinen Örtchen La Miel befindet sich ein wunderschöner Strand. Ideal um mal die Seele baumeln zu lassen.

Leider waren die drei Tage viel zu schnell rum, und unser Aufbruch nach Panamá zu den Kuna stand bevor.

Sooo viel habe ich schon geschrieben.. Das hat aber alles irgendwie dazu gehört.
Unsere eigentliche Geschichte und eine Zeit mit einigen der hammerhaftesten Eindrücken während meiner Reisen beginnt erst jetzt..

..MIT UNSERER REISE ZU DEN KUNA INDIANERN..

Sehr früh am Montagmorgen ging es los.
Mit einer Kutsche sind wir zur Mole gefahren. Ein Glück hatte sich der Regen gelegt, und wir konnten den Fluss wieder passieren.
Nery sollte uns als lokale Unterstützung begleiten. Ohne ihre Hilfe wäre dies alles nie möglich gewesen. Ich bin ihr hierfür so unglaublich dankbar.
Ich wusste zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht wie alles funktionieren sollte. Ich mein, ich wusste, dass Nacho wusste, dass wir irgendwann in diesen Tagen kommen wollen. Aber wann genau, und wie.. und überhaupt. Wie treffen wir ihn. Was können wir alles machen..?? Viele unbeantwortete Fragen.. Schließlich kommt man mit ihm nicht so einfach in Kontakt..

Dann war da noch die Einreise in Puerto Obaldia die bevorstand. Wir hatten uns am Vortag schon den Ausreisestempel in Capuraná geholt. Wir mussten also heute das Land verlassen, und waren in Panamá erst wieder legal, wenn wir unseren Einreisestempel bekommen hätten.
Und ich kannte diesen Ort Puerto Obaldia.. Nach La Miel der erste Ort in Panamá der die offizielle Einreise erfordert. Ich war ja schon dort. Und hatte keine Lust.. Gar keine..
Puerto Obaldia ist eines von diesen abgefuckten Grenznestern in denen man sich nur die nötigste Zeit aufhalten will. Dort gibt´s nichts Schönes. Man reist halt nur weiter.. Und auch das gestaltet sich nicht immer als einfach.. Eigentlich nie..
Ich dürfte es bereits in anderen Berichten erklärt haben.. Aber es ist glaube ich auch bekannt.. In Kolumbien gibt es Kokain.. Und das will von Menschen über die Grenze gebracht werden.. Weil dort gaaaaaaanz viele Menschen sind, die sich freuen wenn sie es haben..
Diese Ecke, in der wir uns befanden ist einer der Hauptschmuggelrouten aus dem Land.. Eigentlich dreht sich fast alles in dieser Gegend darum.
Deshalb sollte man dort auch die Augen und Ohren offen haben. Einen guten gesunden Menschenverstand besitzen, und, am wichtigsten, ein paar gute und vertrauenswürdige Kontakte haben, die einem erklären was man so macht, und was besser nicht.

In Puerto Obaldia gilt man erstmal als potentieller Schmuggler bis man komplett durchsuchte wurde und nichts gefunden wurde. Aber auch dann sind die Behörde (ich nenne sie mal so) nicht mit Freundlichkeit gesegnet.
Auf eines muss man sich dort eigentlich immer einstellen.. Man wird immer und überall kontrolliert und durchsucht. Und es macht sich auch keiner der Beamten dort die Mühe dass er verstanden wird.. Das liegt an einem selbst..
So, wer sich demnächst über unsere Polizei beschwert, reist bitte mal über Puerto Obaldia von Colombia nach Panamá ein.. 😉 Nur am Rande..:-)

Naja, als dann alles durchsucht war, und wir weiter zur Einreise sind war aber immer noch keine Spur von Nacho.. Der sollte uns im besten Fall abholen.. Na gut, erstmal zur Einreise..
Nery hat diesen Menschen erklärt warum wir dort sind, und was wir vorhaben..
„Nein, nein!! Dafür gibt´s keinen Einreisestempel. Nur nach Armila. Das ist Kuna Gebiet. Dafür brauch man keinen Einreisestempel.“
Aber wir wollen von dort weiter in den Nordosten. Und wir sind schon aus Colombia offiziell ausgereist.. erkläre ich dem Beamten.. Es ist brütend heiss und schwül.. Ich habe Durst, bin genervt und müde.. Es rauscht.. „Nein, nein..!! Gibt es nicht..“ es wurde lauter.. „Me entienes..!!?“ „Verstehst Du mich..!!? Gibt es nicht!!“ flaumt mich der Beamte an.. Ich muss aus dem Büro..
Nery ist alles furchtbar unangenehm. Sie fühlt sich für uns verantwortlich und erklärt dem Beamten nochmal alles.. Nichts.. Ich bin total genervt. Kai wird ruhig.. Bislang illegal in Panamá. Und das in Puerto Obaldia..
Was machen wir..? Nery will kurz los und versuchen Nacho irgendwie zu erreichen.. Kai und ich warten. Es ist zu heiß um sich zu bewegen.
Zwei Stunden später bereue ich diese Enttscheidung.. Weil ich Nery in diesem Nest nicht finden kann. Ich unterhalte mich mit ein paar anderen Rucksacktouristen.
Ja, die nehmen ein Boot nach Carti. Das ist der letzte Ort im Kunagebiet. Ca 250 Km entfernt. Von dort kann man weiter reisen..Die kleinen Buschflieger dorthin sind die gesamte Woche ausgebucht.. Meine Laune wird nicht besser..
In solchen Situationen beschließe ich normalerweise erstmal mich irgendwo hinzusetzen und ein kaltes Bier zu trinken.
Hey, das sieht hier aus wie eine Bar. Irgendwie.. Ich gehe rein und frage nach zwei Bieren.. Wenn man in solchen miesen Nestern eines erwarten kann, dann dass jemand mit dem Verkauf von irgendetwas Geld verdienen will. Also schätze ich meine Chance auf ein kaltes Bier ziemlich gut..
„Nein, .. wir haben hier kein Bier..!!“ Alles andere als freundlich.. Ich stehe neben der Toilettentür.. Ob ich denn mal auf Toilette dürfte.. „Nein,.. es gibt hier keine Toilette!!“ .. werde ich angeschnauzt.. Mir reicht´s. Ich mach mir ernsthafte Gedanken von hier zu verschwinden.. Zurück nach Colombia..!? Wir sind bereits ausgereist.. Was soll ich dem Beamten von der Einreise mit dem Ausreisestempel erzählen..?? „Ne ne Ihr doofen Touristen.. is klar.. mal eben zum schmuggeln drüben gewesen..!?“ Alles scheisse..!! Und von Nery keine Spur..
Niedergeschlagen sitzen wir in brütender Hitze und Schwüle am Straßenrand..

Dann höre ich von hinten entfernt über die Straße.. ! „Maaaaskiiiii..!!!!, Maaaskiiiii..!!!, Maaaskiii..“ Ich..? Ja, ich sehe Nery angelaufen kommen und mit dem Armen winken. Sie strahlt.. In Begleitung hat sie zwei Personen. Dunkel, Indianer.. Beide gehen mir ca. bis zur Schulter.. Freudig werden mir bekannt gemacht.
Ab diesem Zeitpunkt nimmt die Geschichte ein Wende.. Die Kuna nehmen sich unserer an.. Ich habe gerade Gänsehaut beim schreiben..
Jesus spricht spanisch und erklärt mir strahlend, dass er mit Nacho zusammenarbeitet. Er war gerade zufällig in Carpurganá und hatte eine Nachricht von Nery gelesen.. Nur deshalb ist er nach Puerto Obaldia gekommen.. Man hatte uns vor einigen Tagen schon erwartet.. Erwartet!? Jaja, Nacho wisse bescheid.. Wir sollten uns um nichts Gedanken machen.. Aber die Einreise..? Der Stempel..? Unser Plan weiter zu reisen..? Diese Beamten..!!??
Alles kein Problem..!! Wir sollten ihm unsere Pässe geben und schonmal zu Boot gehen. Er regelt alles und kommt gleich zu uns..
Und tatsächlich. Kurze Zeit später sitzen wir im Boot auf dem Weg nach Kuna Yala. Die Pässe bereits mit Einreisestempel versehen. Alles geregelt.. Wir sind jetzt in ihrem Gebiet.. Und wir sind richtig happy:-))

Wir erreichen Armila. Das Meer ist extrem wellig und wir sitzen in einem kleinem Boot. Eine Mole gibt es nicht. Nur Strand. Wie will der das machen..? Und schon zeigt er´s uns..
Er stellt das Boot gerade zu den Wellen.. Wartet mit dem Motor im Standgas.. Wartet.. Wartet.. Dann Vollgas. Wir schießen auf einer Welle in ruhigeres Gewässer. Hier stellt er das Boot quer zu den jetzt kleineren Wellen und fährt ein kleines Stück parallel zum Strand bis wir eine Flussmündung erreicht haben. Das Boot hat keinen Tropfen Wasser reingelassen. Der hat das schonmal gemacht..;-)
An der Flussmündung erwartet uns eine Szenerie wie aus einem Film.. Kleine Kinder toben am Wasser, schlagen Saltos und lachen vergnügt herum. Als sie sehen wer dort im Boot sitzt schauen sie etwas schüchtern aber gespannt zu uns rüber.
Etwas weiter im Hintergrund steht ein Mann und schaut ebenfalls erwartungsvoll zu uns herüber.
„Maski, mira..! Nacho!! ..erklärt mir Nery mit einem Strahlen auf dem Gesicht..

Endlich.. Denke ich.. NACHO.. Über eineinhalb Jahre um mit dieser Person in Kontakt zu kommen..

..und jetzt steht er da am Ufer und erwartet uns.. es wird immer besser..

 

Wir landen an, und die gewohnt gute Organisation geht weiter. Bevor wir uns um unser Gepäck kümmern können liegt es schon am Strand..

Nacho begrüßt uns höflich. Aber ich sehe leichtes Unbehagen auf seinem Gesicht.. Und er kommt auch direkt zum Punkt.. Übrigens eine Art die ich an ihm noch sehr zu schätzen lerne..

Er hat uns früher erwartet. Er wollte uns früher bei unserer Anreise unterstützen.. Aber es ist ja kein Kontakt zustande gekommen.. Das war ihm unangenehm. Ich erkläre ihm, dass ich seinem Sohn in Panamá-Stadt zuletzt noch mehrfach geschrieben hatte. Diese Mailadresse wird wohl nicht so oft gecheckt.. Naja, wir sehen es entspannt und schauen nach vorne..

Unser Gepäck wird transportiert. Das ist uns unangenehm.. Schließlich sind die alle viel kleiner als wir.. Und wir haben viel Gepäck. Die gesamte Filmausrüstung wiegt auch einiges. Aber wir sind Gäste..

Aber auch so haben wir zu tun.. Als erstes die Hitze und Schwüle. Noch extremer als in Capurganá.. Man ist sofort nass geschwitzt.

Wir bewegen uns über den Küstenstreifen auf das Dorf zu und man fühlt sich in eine andere Zeit katapultiert.

Aus der Entfernung sehen wir nur Bambushäuser mit Palmblatt-Dach. Hier und da steigen schwer und träge Rauchsäulen von Feuern in die Luft und bilden eine dünne Nebelschicht über dem Dorf.

Man hört die Stimmen der Menschen in dem Dorf. Am Fluss toben wieder die Kinder. Untermalt wird die Geräuschkulisse von den Stimmen der Tiere im Dschungel. Wir merken.. wir sind total raus.. Und mir wird das erste mal so richtig bewusst, dass uns auch einiges an Arbeit erwartet.. Man stellt sicherlich Erwartungen an uns.. Man wird eine Menge Fragen haben.. Wir haben Verantwortung.. Wir sind sehr gespannt.. Dann dieses andere Gefühl, welches jeder kennt. Man ist irgendwo neu. Man ist fremd und anders. Man wird beobachtet. Wie verhält man sich am besten..? Man will ja keine Fehler machen.. Irgendwann habe ich mir angewöhnt dieses Gefühl offen anzugehen. Es ist schließlich völlig normal irgendwo fremd zu sein.. Schließlich ist das jeder irgendwie. Die Frage ist nur wo..

Und mit dieser Art finden wir in Nacho den perfekten Begleiter. Noch auf dem Weg spricht er diese Sache an.. Wir unterhalten uns auf Spanisch.. Ich bin froh dass ich es noch nicht verlernt habe. Denn ohne wäre dies alles nicht möglich gewesen..

Er sagt dass wir erstmal ins Dorf gehen und uns bei einer Empfangskokosnuss über unser Projekt unterhalten und wie alles laufen soll. Ich merke er hat bereits eine Menge Ideen im Kopf und hat sich auf unser Eintreffen vorbereitet.

 

Wir gehen durch das Dorf Armila und sind beeindruckt. Der Ort besteht fast ausschließlich aus Bambushütten. Vereinzelt stehen dazwischen große Bambushäuser. Die sind für die Versammlungen, erklärt man mir. Eine wichtige Sache auf die ich später nochmal eingehen werde. Hier und da steht ein kleines Steinhaus. Diese Häuser dienen meist einem anderen öffentlichen Zweck. Eine Schule oder ein kleiner „Supermarkt“ z.B.

Der gesamte Ort wird von winzigen Staubstraßen durchzogen. Diese Straßen sind aber aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit und des vielen Regens aber eher immer feucht. Wir müssen uns oft ducken, um mit den Köpfen nicht an den Palmblattdächern hängen zu bleiben. Vereinzelt gelingt uns ein kurzer Blick in die ein oder andere Hütte. Dunkel sind sie. In manchen Hütten brennt ein kleines Feuer über dem ein Kochtopf hängt. In anderen Hütten sehen wir Frauen bei dem Fertigen der bekannten Molas..

Ich habe Schwierigkeiten die neuen und fremden Eindrücke aus einer anderen Zeit so schnell zu verarbeiten..

Nicht weniger neugierig werden wir von den Einheimischen angeschaut. So Leute wie uns sieht ma hier nicht so oft.

Ich beobachte Nery, sie schlendert sehr entspannt neben uns her. Ich merke dass sie sich freut hier zu sein. Sie erzählte mir schon wie sehr sie diesen Ort liebt.

Unsere Kameras sind noch weggepackt. Und das ist gut so. Im Vorfeld habe ich schon gelesen, dass sich die Kuna grundsätzlich nicht gerne Fotografieren lassen. Ein komplexes Thema zu dem ich später noch etwas sage. Schließlich sollte es unsere Arbeit werden..

 

Wir sind froh, als wir bei einer kleinen Terrasse vor einem Steinhaus ankommen. Noch glücklicher sind wir, als wir merken dass sich in dem Steinhaus ein -ich nenne es mal so- kleiner Supermarkt befindet. Denn wir haben Durst und sind erschöpft. Wir sind extrem früh aufgestanden. Dann Puerto Obaldia.. Nerv. Und nicht zuletzt diese Hitze und Schwüle. Ich mag das ja eigentlich. Fühl mich wohl. Aber dort ist es auch mir etwas zu extrem.. Kai merke ich an, dass es auch ihm ordentlich zusetzt.

Aber wir müssen uns konzentrieren. Nacho bringt uns eine leckere Kokosnuss als Begrüßungsgetränk. Dann sagt er, dass wir über alles sprechen werden. Wir sollen aber erstmal ankommen und uns nicht stressen. Ha, leicht gesagt. Wir sind völlig fertig. Und ich merke, dass ihm viele Themen unter den Nägeln brennen..

 

Dann geht´s los. Wir unterhalten uns über unser Konzept.. Ein Filmkonzept.. Also mein tägliches Geschäft so zu sagen.. 😉 Kai..!! Schieß los..! Wir sprechen darüber.. Ich übersetzte.. Es ist anstrengend.. Ich muss mich konzentrieren.. Neue Themen. Nacho hört geduldig und gespannt zu. Auch er hat Vorstellungen und Ideen. Und plötzlich fangen wir an uns zu ergänzen.. Ich bin begeistert und es kommen ständig neue Ideen. Auch ich bekomme eine bessere Vorstellung von allem.

Nacho erklärt uns dass wir Glück haben. Im Dorf Armila findet zur Zeit ein Treffen vieler wichtiger „Seylas“ statt. Ein „Seyla“ ist so etwas wie der Stammesälteste eines Bezirkes. Sie treffen so zu sagen die Entscheidungen und haben starken Einfluss auf alle möglichen Bereiche wie Politik, Bildung und sonstige Belange die das Leben der Kuna betreffen.

Nacho plant Interviews zu verschiedenen Themen. Natürlich muss er dafür erst das Einverständnis der Seylas einholen.

Wir merken, dass wir geprüft werden.. Wie sind wir drauf. Was ist das für ein Projekt. Was ist unsere Zielrichtung..? Dieser Prüfprozess sollte uns noch einige Tage begleiten..

Interviews.. ok. Aber wie..? Nacho erklärt es mir. Wenn es klappt unterhält er sich mit dem Seyla über das jeweilige Thema auf Kuna. Der Sprache der Indianer. Mir wird er auf Spanisch übersetzen.. Puuhh. Ich bin jetzt schon völlig fertig von dem Konzentrieren.. Aber natürlich freuen wir uns darüber.. schließlich sind wir deswegen hier..

 

Dann kommen wir zu einem wichtigen Punkt. Das Filmen. Nacho erklärt uns nochmal wie ungerne die Kuna fotografiert und gefilmt werden.. Er erklärt uns genaue Verhaltensregeln. Er wird immer der Vermittler sein und versuchen uns so viel es geht zu ermöglichen.. Wie das später in der Praxis funktioniert beschreibe ich noch..

Er beschreibt uns wie wir filmen können und was. Auch wo es verboten ist.. Wunderbar. Damit können wir arbeiten. Wir freuen uns auf klare Ansagen und werden was dieses Thema angeht sicherer.

Nach zwei anstrengenden Stunden und zahlreichen Wasserflaschen später sitzen wir immernoch auf der Terrasse. Wir werden noch den ein oder anderen Personen vorgestellt. Auch Seylas sind darunter. Man erklärt ihnen unser Vorhaben. Man ist höflich aber reserviert uns gegenüber. Aber das überrascht mich nicht. Man checkt uns ab und wir werden uns beweisen müssen. Ich bin mir sicher wir kriegen das hin. Irgendwie habe ich auch das Gefühl dass unsere Gespräche noch über eine höfliche aber reservierte Begrüßung hinausgehen werden.. 🙂

 

Was Nacho angeht merke ich, dass er am liebsten weiterreden würde. Er strahlt eine unglaubliche Energie aus. Er hat viele Ideen und Anliegen. Möchte Pläne machen und ist sehr interessiert. Aber er gibt sich Mühe uns nicht zu überfordern.. Ich merke dass er sich selber einbremst.. Das begeistert mich. Ich bin wahnsinnig beeindruckt von dieser Person. Er will uns nicht einfach nur etwas ermöglichen. Das alles wird ein kultureller Austausch werden bei dem wir das Fundament legen werden, wie weit dieser Austausch reichen wird. Durch unser Projekt, unser Interesse und nicht zuletzt unserer Art mit all dem uns gebotenen umzugehen. Schnell habe ich die Gewissheit, dass er die richtige Person für dieses Projekt ist.

Ich weiß, dass dies alles eine unglaubliche Herausforderung werden wird. Obwohl ich am liebsten einfach nur auf ein Bett fallen würde freue ich mich darüber total.. Es liegt an uns wie weit wir in diese Kultur einsteigen werden. Wie weit wir uns mit diesen Menschen austauschen werden.. TOLL :-))

 

Dann, total erledigt zeigt uns Nacho erstmal wo wir schlafen können. Es sind kleine Holzhütten die man aufgrund der Tiere auf kurze Holzstelzen gesetzt hat. In dem Raum befinden sich lediglich zwei Betten. Es ist ok für uns.. Wir haben schließlich kein Hotel gebucht.. Nery erzählt uns noch, dass die Kuna vorwiegend in Hängematten schlafen. Ich überlege auch kurz, entscheide mich dann aber doch für das Bett. Man kann dort besser das Moskitonetz anbringen..

Wir versuchen unsere Sachen zu sortieren und stellen fest, dass fast alle Klamotten nass oder feucht sind. Und das sollte die nächsten Tage auch so bleiben.. Bei 100 Prozent Luftfeuchtigkeit bekommt man nichts trocken. Ich hatte mal mein feuchtes Handtuch zum trocknen über ein Balkongeländer gehangen. Am Abend war es nass.. Und ja, es war ein Dach darüber..;-)

 

Also erstmal kurz sortieren. Ein vergeblicher Versuch Sachen zum trocknen aufzuhängen.. Egal. Ganz in der Nähe steht ein kleines Steinhäuschen in dem sich eine Toilette und eine Dusche befindet. Also halt eine Wasserleitung..

Ooohhh jaaa, erstmal abduschen. Die kleine Erfrischung tut gut, hält aber nicht lange vor. Schon beim abtrocknen ist man wieder geschwitzt.

 

Kurze Zeit später sind wir wieder mit Nacho verabredet.. Er will uns dem ein oder anderen Seyla vorstellen. Es sollen auch Gespräche geführt werden. Nur weil ich weiß, dass dies essentiell wichtig für unser Filmprojekt ist, bringe ich die Energie dafür auf. Ich bin zwar auch selber natürlich unglaublich an allem interessiert, aber eine Pause.. für den Rest des Tages.. Etwas Energie sammeln.. Ach das wäre auch schön.. Aber weiter weiter.. Trotzdem freue ich mich. Nacho will uns unheimlich viel seiner Kultur näher bringen.

Ausserdem ist es ein Glücksfall, dass dieses Treffen gerade stattfindet. Wir wissen, dass wir hier den Zeitplan schließlich nicht bestimmen sondern nehmen was wir gerade kriege können. Auch wir wollen Input für unser Projekt..

Und so geht es weiter. Nachdem Kai die Filmausrüstung klargemacht hat, geht wieder durch das Dorf zu unserem Treffpunkt. Das erste mal mit Filmausrüstung. Wir gehen alleine durch das Dorf. Leichtes Unbehagen stellt sich ein.. Dann schauen schauen hinter einem Bambuszaun schüchtern einige kleine dunkle Kulleraugen hervor.. Ein paar kleine Kindern schauen die fremdaussehenden Neuankömmlinge etwas zurückhaltend aber neugierig an.. Was soll ich machen. Ich will sie nicht erschrecken. Also denk ich mir einfach ein bisschen rumblödeln.. Das funktioniert ..und das Eis ist gebrochen.. 🙂 Strahlend kommen sie hinter dem Zaun hervorgehüpft und rufen „Otto, Otto, Otto“ Wie bitte..!? Wer heißt hier „Otto“..!?

Als sie dann schließlich auf die Kamera zeigen und weiter „Otto, Otto“ rufen verstehe ich.. „FOTO“..

Sie wollen fotografiert werden.. Ich kapiere nicht.. Das kann ich doch jetzt nicht bringen.. Nach diesen Gesprächen..

Wir gehen weiter.. Aber die Bande lässt nicht locker.. „OTTO“!! Maaan, was soll ich tun.. „OTTO“!!

Also gut, ich schieße zwei Stück.. Und jetzt wird mir klar. Sie wollten sich unbedingt auf diesem Foto sehen. Als ich ihnen den Bildschirm der Kamera zeige ist das Gejubel und die Freude groß. Sie können nicht genug bekommen.. „Otto, Otto..“!! geht es weiter.. Aber weil ich mir nicht am ersten Tag irgendwelchen Ärger der Älteren hervorrufen will beschließe ich die Kamera wieder wegzupacken. Die Kids nehmen es locker.

Und ich sehe es als eine der vielen Erfahrungen bezüglich unserer Filmerei die wir noch machen werden.

Denn mit dem Filmen verhält es sich nicht absolut. Im Gegenteil. Ab diesem Zeitpunkt lerne ich, dass die Regeln des Fotografierens und das Filmens ganz eigenen dynamischen Prozessen und Regeln unterliegen. Ich werde noch merken, wie wichtig es für unser Projekt werden wird diesen Prozess ständig neu zu bewerten und wie wichtig auch Nacho hierfür sein wird.

 

Wir schlendern weiter durch das Dorf und versuchen uns zu orientieren. Anfangs sieht für uns alles gleich aus. Eine Ansammlung von unzähligen Bambushütten die von einem Wegenetz aus Staubstraßen durchzogen werden. Aber die Orientierung gelingt uns recht gut und wir finden unseren gewohnten Treffpunkt auf der Terrasse vor dem „Supermarkt“ schnell wieder. Nacho erwartet uns bereits ungeduldig. Ich merke, dass er Pläne hat.. Es geht weiter.. weiter.. 😉

Auch Nery ist bereits da. Sie wirkt völlig entspannt und unterhält sich mit Nacho.

 

Nacho, fragt uns zuerst wie es uns geht. Ob uns die Unterkunft gefällt und ob wir uns schon einen ersten Eindruck von dem Dorf gemacht haben.. Ich merke, dass gleich mehr kommt..

 

„Entonces.., Mattiass!?“ — „Also, Matthias..“ ..leitet er wieder zu unserem Projekt über und teilt uns seine Pläne mit. Aber er fragt auch uns.. Ich sage ihm, wir würden gerne mal etwas durch das Dorf schlendern und uns noch weiter umschauen..

„Sehr gerne“ antwortet er mir. Er hätte allerdings auch schon einige Verabredungen mit weitere Ältesten getroffen. Die müssten gleich da sein. Für weitere Interviews.. Weiterhin möchte er sich noch an einem direkten Interview beteiligen. Ich merke wie wichtig ihm dieses Anliegen ist und bin froh darüber. Trotzdem wünsche ich mir eine kleine Auszeit. Wir sind immer noch völlig fertig und die Gespräche strengen sehr an. Ich muss mich hierbei sehr auf mein Spanisch konzentrieren. Aber schnell wische ich die Gedanken an eine Pause bei Seite und bin glücklich, dass wir es in der Person von Nacho mit einer so stark interessierten, engagierten und gut strukturierten Persönlichkeit zu tun haben..

Wir planen schnell die nächsten Stunden des uns verbleibenden Nachmittags. Nacho soll mit dem Interview anfangen.. Danach sollten die Ältesten eintreffen und die Interviews sollten mit ihnen weitergehen..

Gesagt, getan. Wir fangen an, und merken, wie so oft, dass wir die gesamte Planung über den Haufen werfen können.

Zwei Älteste treffen ein, und Nacho überlässt ihnen respektvoll den Vortritt.

 

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde beginnen die Ältesten zu erzählen.

 

Neben den allgemeinen Aufgaben eines Ältesten betreut fast jeder von ihnen noch mindestens ein „Spezialgebiet“. Unsere jetzigen beiden Gäste kommen aus dem Bereich der Naturmedizin.

Auf den genauen Inhalt aller Interviews kann und will ich hier nicht eingehen. Das würde zu weit führen.. Wenn unser Film mal fertig ist, wird dieser über die unterschiedlichen Themen noch genau berichten.

 

Die Ältesten sprechen in Kuna und ich höre den Übersetzungen von Nacho gespannt zu. Es ist interessant zu merken wie wichtig diesen Menschen ihre Tradition ist.

Ich bin aber auch durchaus erstaunt wie sehr sie sich für alles Neue interessieren.

 

Am meisten beeindruckt mich ihre Gesprächskultur.

Eigentlich muss ich sagen, dass dies der Punkt ist, der mich in der Gesamtheit aller Interviews am nachhaltigsten beeindruckt hat.

Es ist eine Gesprächskultur wie sie eigentlich sein sollte, aber bei uns irgendwie verloren gegangen ist, oder nur noch selten zu finden ist.

 

Wie ich es eben bereits beschrieben hatte, ließ Nacho respektvoll den beiden Ältesten den Vortritt. Aber auch bei den beiden Alten kam es augenscheinlich eine ganz klare Struktur. Es wurde nicht darüber gesprochen wer nun anfängt. Wie selbstverständlich startete einer der beiden. Der andere saß extrem geduldig daneben und nickte gelegentlich. Und obwohl ich merken konnte, wie wichtig die Themen für diese Menschen waren die angesprochen wurden, zeigte der Erzähler keine Eile seine Worte loszuwerden. Er erklärte vielmehr alles in ganz ruhigen Worten mit entsprechenden Pausen. Irgendwie wirkte dies alles unheimlich beruhigend. Zeit schien keine Rolle zu spielen.

Nacho hörte aufmerksam zu und gab nur hier und da, wenn der Monolog etwas länger ausfiel, ein leichtes zurückhaltendes Signal zur Pause, um ins Spanische übersetzen zu können.

Als der eine fertig war, begann der andere mit der gleichen Ruhe weiter zu reden. Auch über den ein oder anderen Punkt wurde sich unterhalten.

Hierbei achtete man aber ganz sorgfältig darauf, dass man den anderen bis zum Ende ausreden ließ. Niemand fiel irgendwem ins Wort.

Obwohl uns so viele Fragen unter den Nägeln brannten, und ich zu vielen Punkten am liebsten sofort nachgehackt hätte, machte ich mir Notizen während der Gespräche. Ich wollte, wenn ich nach Nachos Übersetzung zu Wort kommen sollte, nichts von meinen Gedanken vergessen haben.

Hier und da merkte Nacho wie ich Luft holte, um zu einer Frage anzusetzen während er am sprechen war. Sofort unterbrach er seine Übersetzung und signalisierte mir mit meiner Frage fortzufahren. Mir war das anfangs unangenehm weil es so gar nicht dem entsprach was ich bisher mitbekommen hatte. Aber Nacho signalisiert mir, dass wäre schon ok. Schließlich wollen wir uns austauschen und ich sollte meine Fragen loswerden.

 

Nur über eine Diskussion so viel schreiben.. Ihr merkt wie zentral diese Interviews für uns waren.

Und ich bin noch nicht fertig.. 😉

 

Ein weiterer Punkt neben der Art und Weise der Gesprächsführung, der mich beeindruckte, war die Analyse aller Fakten.

Nachdem alle Personen ihre Meinungen, Erfahrungen und Aspekte zu verschiedenen Themen dargelegt hatten, wurden diese analysiert.

Auch unsere Meinung erschien hier wichtig.

Mich beeindruckte es unheimlich, wie analytisch die Indianer vorgingen. Es wurden alle Aspekte der verschiedensten Themen betrachtet. Positive wie Negative. Ich fand es interessant, wie klar auch die negativen Seiten betrachtet wurden.

Sehr wohl sind die Indianer sich z.B. über den Konflikt über Tradition und Moderne bewusst. Da wird aber nicht gesagt „Früher, da war alles besser..“ Nein, die Indianer wissen sehr genau, dass das festhalten an ihren Traditionen auch Probleme mit sich bringt. Die Jungen haben oft kein Interesse an dem Stammesleben. Aber dies wird hier verstanden. Eine gute Ausbildung in Panamá-Stadt z.B. ist wichtig. Bildung generell ist wichtig. Und zwar nicht nur die alte traditionelle Schule wie etwa die Naturmedizin..

Haben die Jüngeren aber erst eine Ausbildung in der Zivilisation gemacht, gibt es für solch eine Ausbildung oft keine Verwendung in den Dörfern. Daher fehlt den Jungen oft das Interesse wieder zurückzukommen.

Hier bleibt die Tradition auf der Strecke.

Sehr wohl ist den Indianern aber auch bewusst, dass es schlecht wäre sich vor den Möglichkeiten der Zivilisation zu verschließen..

Der zentrale Punkt all dieser Gespräche läuft darauf hinaus, wie man die Moderne, die Zivilisation und den Tourismus mit der Tradition der Indianer verbinden kann..

Den Indianern ist bewusst, dass eine völlige Abschottung ihrer Kultur zwangsläufig zu deren Untergang führen wird.. Sie würde im wahrsten Sinne des Wortes aussterben..

Die absolute Öffnung gegenüber dem Tourismus und der schnelllebigen und modernen Welt würde die Kultur noch viel schneller zerstören..

Es erstaunte mich unglaublich, wie sehr genau die Indianer sich all dieser Problematik bewusst waren und wie analytisch und faktisch diese Themen angegangen wurden.

Da uns unser Besuch bei den Kuna in noch andere Ecken führen sollte konnte ich auch Stellen sehen die sich dem Tourismus schneller öffneten.

Wir konnten auf unserer Reise viele Facetten kennenlernen.

Hier waren wir in einer Ecke, in die es fast keinen Nicht-Indianer verschlägt. Geschweige denn einen Touristen..

Wir sollten aber auch andere Ecken kennenlernen. Aber auch die Ecke an der wir uns jetzt befanden hatte bereits mit Problemen der schnell wachsenden Zivilisation zu kämpfen. Darauf gehe ich aber noch später ein.

 

Zu dem gesamten Thema möchte ich nur sagen, dass auch jetzt, wo ich schon wieder ein paar Tage zu Hause bin, mich dieses nicht mehr loslässt.. Wir haben so extreme Erfahrungen gesammelt. Eine unglaubliche Kultur kennengelernt. Wir haben viele tolle Eindrücke gesammelt aber auch über Probleme diskutiert.

Der letzte Punkt, den Erhalt dieser Kultur, sich dabei aber nicht völlig der Entwicklung der Zivilisation zu entziehen, lässt mich nicht mehr los. In den folgenden Tagen habe ich sehr viel mit Nacho über dieses Thema gesprochen, welches auch mir so ans Herz gewachsen ist, dass ich mich zukünftig zu diesem Punkt weiter engagieren will. Aber das steht auf einem anderen Blatt..;-)

 

Hier mache ich erstmal einen kurzen Break..

Aber es gibt noch sehr viel mehr zu erzählen.. 🙂

..

..und immer noch sind wir beim ersten Tag zusammen mit den Indianern..

 

Unsere Interviews neigen sich dem Ende und wir sind jetzt schon, nach nur wenigen Stunden in Armila, um so viel Erfahrungen und Eindrücke reicher.

Aber es ist spät am Nachmittag und bald wird es dunkel.. Wir beschließen das Interview mit Nacho auf den nächsten Tag zu verschieben. Schließlich wollen wir unbedingt noch etwas durch das Dorf schlendern..

Wir sind schon sehr gespannt was uns erwartet und hoffen hier und da schon ein bisschen filmen zu können.

Nacho freut sich uns durch den Ort zu führen und uns einigen Leuten vorzustellen. Für den nächsten Tag plant er weitere Interviews einiger Ältesten. Ich merke wie er darauf brennt uns die Kultur, die Gedanken und Themen der Kuna näher zu bringen und freue mich darüber.

 

Aber bevor es los geht, erklärt uns Nacho noch etwas. Er startet mit den Worten: „Mattiass, escuchame bien..!!“ — „Matthias, hör genau zu..!“ Worte die ich noch öfter aus seinem Mund hören sollte. Aber nicht auf eine drohende Art und Weise.. Sondern auf einer Art und Weise, die sich darüber Gedanken macht wie wir uns selber im Interesse unseres Projektes am besten verhalten sollten.

Auch darüber freue ich mich. Denn mit klaren Anweisungen und Vorstellungen können wir gut arbeiten..

 

Nacho erklärt uns nochmal wie wir am besten filmen.. Er gerät uns dabei auch den ein oder anderen Trick und ich merke, dass er im Interesse möglichst vieler interessanter Aufnahmen denkt, dabei aber niemals irgendwem auf die Füße treten will. Toll. Wir kennen diesen Menschen erst seit ein paar Stunden und fühlen uns in seiner Anwesenheit extrem wohl. Wir wissen, dass wir neben Nery den besten Kontakt für unsere Reise gefunden haben..:-)

 

Und dann geht´s los..

Wir schlendern durch das Dorf und können einige Aufnahmen von dem Dorf machen.. Allerdings merken wir, dass uns die Leute im Dorf ausweichen als sie die Kamera sehen. Wir werden misstrauisch aber neugierig betrachtet. Haben wir die Kamera in der Hand, ziehen sich die Leute dezent zurück.. Wir sind noch neu. Aber irgendwie vertraue ich darauf, dass sich das alles noch ändern wird wenn wir uns selber mehr Zeit geben.. Ich bin mir da sogar ziemlich sicher und freue mich. Schließlich wollten wir nichts Inszeniertes..

Als könnte Nacho meine Gedanken lesen sagt er uns dass wir uns nur gedulden sollen. Die Leute müssten sich erst an uns gewöhnen.. 🙂

Er schlägt vor runter zur Flussmündung zu gehen. Dort wäre es jetzt, kurz vor Sonnenuntergang und bei Sonnenaufgang am schönsten.. Sofort plante er auch am Folgetag zu Sonnenaufgang dort mit uns zu schauen.. Sonnenaufgang..!!?? Ich weiß, dass das noch kurz vor 6 Uhr am Morgen ist.. Ohweh.. Naja gut ok, arbeiten..;-) ..Und wieder dieses Gefühl wenn Nacho etwas plant.. Dieses Gefühl zwischen „Puuhhh“ und „Juuhuu“ 🙂

Wir sind schließlich total fertig, freuen uns aber über die Ideen, Gedanken und Vorschläge von Nacho. Es zählt schließlich jetzt.. Also weiter..

 

Und tatsächlich, wir kommen zum Strand und die gesamte Szenerie, die wir am späten Vormittag vorgefunden haben liegt in einem tollen Licht der untergehenden Sonne.

Vereinzelt kommt noch ein Fischer mit seinem Kanu über den Fluss zum Dorf gepaddelt. Andere sortieren ihre Fischernetze, bringen Kanus auf das Land und tragen Sachen in Richtung Dorf..

Im Dorf gelingt es uns noch ein paar Szenen in der Abendstimmung einzufangen und irgendwie habe ich das Gefühl, dass es hier ganz schnell sehr ruhig werden wird.

Ich sollte Recht behalten.

Nacho geht mit uns zurück in das Dorf und fragt uns wann wir denn zu Abend essen wollen. Was meint er frage ich ihn. Wir haben ca halb 6. Er schlägt uns vor die Ausrüstung in unsere Hütte zu bringen und dann einfach wieder bei der Steinterrasse vorbei zu kommen. Seine Hütte ist direkt davor.

Ok, wir gehen zurück, verstauen unsere Sachen, ziehen unsere feuchten Klamotten aus, duschen und ziehen uns andere feuchte Klamotten an.. Wie machen die das hier mit ihrer Kleidung frage ich mich.. Ausserdem trinke ich den ganzen Tag über Wasser und fühle mich trotzdem ausgetrocknet. Nacho sehe ich irgendwie nie etwas trinken..

Während Kai noch einige Filmaufnahmen der von den Kameras auf einen kleinen Laptop sichert, baumle ich auf der kleinen Holzveranda in der Hängematte. Ich bin echt müde. In einer Hängematte neben mir baumelt entspannt Nery. Sie wirkt total zufrieden und entspannt. Wir unterhalten uns noch über vieles. Die Kuna, das Dorf und die Natur. Dann kommen langsam die Moskitos. Auch Nery wird nicht verschont. „Acá pican muh duro“ — „hier stechen sie extrem stark“ warnt sie mich, und ich bin froh über die Familienflasche Antibrum, die ich Ihr sofort anbiete..

Als hätte jemand das Licht ausgeschaltet wird es dunkel. Eine Abkühlung stellt sich irgendwie nicht ein.

Kai hat die Aufnahmen fertig gesichert. Morgen sollten wir Akkus laden.. Aber wie? Es gibt hier keinen Strom.. Vereinzelt brennt zwar draußen eine Lampe, aber Steckdosen gibt es nicht.. Die Bank von Panamá hat hier vor einem knappen Jahr einzelne Solar-Paneele aufgestellt die hier und da eine Laterne mit Strom versorgen. Das war´s. Aber gar nicht schlecht, wenn man überlegt, dass es bis zu diesem Zeitpunkt nichts gab.. Joey und Nery haben uns noch darauf aufmerksam gemacht uns mit Kerzen einzudecken. Das war eine gute Idee. Aber auch mit kleinen LED-Lampen und Stirnlampen sind wir sonst gut gerüstet.

Nacho erklärte uns am Tage aber mit dem Laden der Kamera-Akkus gäbe es kein Problem. Wir sind gespannt..

Schließlich machen wir uns wieder auf den Weg zu unserer vertrauten Steinterrasse.

Als wir durch das Dorf gehen, ist es bereits schon still. Es ist kurz vor sieben am Abend. Aus einzelnen Hütten hört man nochmal ein kleines Kind rufen. Sonst hat man den Eindruck, als herrsche hier bereits tiefste Nacht..

Ausser der Dschungel. Der legt jetzt erst richtig los. Eine Kakophonie aus Geräuschen verschiedenster Tiere. Überall flattert, raschelt oder krabbelt etwas rum.. Interessant. Aber das kannten wir auch schon aus Capurganá. Nur hier ist alles irgendwie näher. Und plötzlich taucht im Licht meiner Stirnlampe ein dunkler dicker Streifen auf dem Weg unmittelbar zu meinen Füßen auf. Den guck ich mir genauer an und sehe unzählige kleine Blattstücke die von unzähligen Ameisen getragen werden.

Man kennt doch Ameisenstraßen. Aber das hier ist schon eher eine Ameisenautobahn.. Sie ist riesig. Bestimmt einen halben Meter breit. Als ich sie mit der Lampe ableuchte kann ich das Ende nicht entdecken. Irgendwo verschwindet sie im Unterholz.

Wir treffen Nacho bei wieder auf der Terrasse und irgendwie habe ich den Eindruck wird sind absolut verspätet.. Nacho sieht etwas verschlafen aus.. Ob er mit uns zu Abend isst. Nein nein, er hat schon..

Um sieben Uhr abends ist es hier tatsächlich bereits tiefste Nacht.. Aber irgendwie fühle ich mich auch so und freu mich bald ins Bett zu kommen..

Dann gibt´s Abendessen, und ich weiß, wir sind spät.. Es ist schon länger fertig. Nacho´s Frau hat es nur für uns warm gehalten. Es gibt frischen Fisch, Reis und Salat. Das ist ok. Für morgen beschließen wir früher zu sein.

Wir unterhalten uns noch etwas über den Tag und machen auch schon wieder Pläne für den Nächsten..

Nacho will uns am besten noch vor Sonnenaufgang treffen und tastet sich vorsichtig an unser Zeitfenster..;-) Wir verabreden uns für halb sechs.. Naja, ist ja noch früh denke ich.. Wenn wir früher wach wären, könnten wir auch schon früher da sein ruft uns Nacho noch hinterher. Er würde jeden Morgen so gegen 4 Uhr aufstehen und schon mal die Straße fegen..

„4 Uhr“..!? und „Straße fegen..“!? Die Straßen hier bestehen aus Staub.. Hhhhmm? Naja.. Sehen wir ja morgen..

Dann geht´s zurück zur Hütte. Nein, kein Bierchen..;-) Im Armila gibt es diese Tage kein Alkohol. Wegen der Ältestenversammlung.. Ausserdem sind wir hundemüde..

Also ab ins Bett. Es ist ca. halb neun, und ich fühle mich als wäre es mitten in der Nacht..

 

Ich liege in meinem Bett und frage mich, ob die Hängematte nicht doch die bessere Alternative gewesen wäre.. Egal. Mein Kopf dreht sich.. Ich bin total fertig aber in meinem Kopf habe ich 100 Bilder.. Was war das für ein Tag.. Am frühen Morgen in Capurganá los. Dann Puerto Obaldia.. Die Einreise.. Die Beamten.. Dieser Ort.. Dann die Indianer und eine erneute Bootsüberfahrt. Dann das Dorf Armila. Die vielen Eindrücke und die Gespräche mit den Alten.. Und das alles an EINEM Tag.. Junge Junge Junge.. Ich habe das Gefühl nie einschlafen zu können weil mich mein Kopf nicht lässt.. Dann aber doch. Ohne es zu merken falle ich in einen komatösen Schlaf.

Ich merke, dass ich einige Stunden tief und fest geschlafen habe als mich ein lauter Schrei aus dem Schlaf reisst. „Kickeriiiiikiiikiiiiiiiiii“!!!! Direkt neben unserer Hütte.. FUCK!! Dieses Vieh. Das gibt´s hier ja neben den Dschungeltieren auch.. Und mir sind die Dschungeltiere plötzlich sehr ans Herz gewachsen..

Na gut, dann ist es halt schon früher Morgen. Nacho sagte ja es geht hier früh los.. Ich schaue auf die Uhr. 01:20 Uhr in der Nacht. Ja sag mal, was ist denn hier los. Was haben die denn hier für Zeiten..!? Selbst der Hahn hat seinen ganz eigenen Bio-Rhythmus..

Na gut, nach ca. 10 Minuten hat er sich ausgetobt und ich versuche mit Oropax weiterzuschlafen.. Als ich gerade am eindösen bin.. „KIIICKIIIICKERIIIKIIIIIIIIIEEEEE!!“ Waaahhhhh!! Dieses Vieh!!

Ich überlege kurz.. aber das kann ich nicht bringen.. Dann wär´s mit der Gastfreundschaft vorbei..;-) Also entscheide ich mich dagegen..

 

Irgendwann, ich weiß nicht nach wie langer Zeit schlafe ich dann doch nochmal ein und werde um kurz nach 5 von meinem Wecker geweckt..

Ein neuer Tag..

Noch völlig übermüdet denke ich mir, was soll´s, wenigstens etwas geschlafen.. Was ist eigentlich mit Kai frage ich mich.. Von dem habe ich gar nichts gehört.. Hat der nichts von dem Hahn mitbekommen..? Ich schaue nach, und der liegt noch regungslos im Bett. Ich krieg den fast gar nicht wach.. Also ist der auch noch so fertig wie ich denke ich.. Dieser fucking Hahn..

Ich putze mir die Zähne, und Kai liegt immer noch. Oh Man, denke ich.. Dann sagt er mir, dass er total fertig ist.. Sieht auch nicht so pralle aus.. Egal, wir müssen weiter.. Nacho wartet schon wieder.. Mit seinem Tagesprogramm. Hoffentlich geht das nicht so weiter.. Dieses Tempo. Diese Eindrücke.. Aber trotzdem freue ich mich..

 

Wir machen uns auf dem Weg zu Nacho und gehen unseren gewohnten Weg.. Aber irgendetwas ist anders.. Es ist schon etwas hell.. Und der Weg, also alle Wege, sehen aus wie der Sand auf einem Golfplatz.. halt nur dunkler.. Da liegt kein Blatt oder Ästchen auf dem Weg. Alles sauber gefegt.. Eine Frau können wir noch beobachten wie sie das letzte Stück Weg vor ihrer Hütte fegt. Ha, ich muss echt staunen.. Hier wird tatsächlich überall alles gefegt. Und zwar noch bevor es hell wird. Hammer.

Im gesamten Dorf herrscht schon reges Leben.. Es wird gekocht und Kinder tollen schon herum. Alle wirken putzmunter. Nur wir stolpern völlig schlaftrunken zwischen den Bambushütten umher und versuchen nicht die Orientierung im Dorf zu verlieren.

Nach nur einigen Minuten von dem zweiten Tag bin ich von diesen Menschen schon wieder total beeindruckt.

 

Nacho erwartet uns schon ungeduldig. Noch vor dem Frühstück geleitet er uns runter zum Fluss und zum Strand. Die Fischer legen ab.. gibt er uns nur zu verstehen.

Und tatsächlich, wir sind knapp dran.

Als wir am Fluss ankommen sehen wir gerade noch die letzten Fischer in ihren kleinen Kanus über den Fluss durch die Brandung aufs Meer hinaus zu fahren. Ein paar Heranwachsende graben am Strand Krabben aus.

Diese gesamte Szenerie wird in gelblich oranges Licht, der in Kürze aufgehenden Sonne getaucht. Der gegenüberliegende kleine Berg liegt bereits im gelben Sonnenlicht. Wow! Wie sieht das alles toll aus.

Wer weniger toll aussieht ist Kai. Er sieht etwas blass aus.. Ich denke mir, dass ich nicht besser aussehe. Aber in dem ganzen Ort habe ich zum Glück noch keinen Spiegel gesehen;-) Kai ist aber schon wieder ganz in seinem Element und macht schon einige Aufnahmen.

 

Dann geht´s schon wieder weiter. Ich denke zum Frühstück.. CAFE Toll:-) Nö, Nacho möchte uns noch mehr zeigen..

Am Flussufer können wir noch einige Männer bei einer anderen Arbeit filmen.. Sie bauen Boote. Es gibt zwar schon diese größeren Boote aus Kunststoff mit Aussenbordmotor, aber zum Fischen oder um den Fluss befahren zu können bauen die Kuna sich noch kleinere Holzboote wie sie es schon seit Generationen getan haben.

Nacho erklärt uns den Baustil. Alle Boote und Kanus haben eine ganz spezielle Form. Er sagt, dass die Boote dem Zweck und dem Einsatzgebiet entsprechend gebaut werden.

Da spielen z.B. die Gezeiten, die Wellengröße und die Art der Brandung eine Rolle. Jede Rumpfform eines Bootes wird dementsprechend genau geformt und bearbeitet.

 

Aber dann geht´s zum Frühstück.:-) Es gibt ein paar Früchte, Reis und Platanos. Das sind plattgestampfte und gerötete Kochbananen. Kai kann irgendwie kaum etwas essen. Er fühlt sich nicht so gut und ich mache mir etwas Sorgen.

 

Nacho bespricht mit uns den weiteren Plan für die nächsten Tage und es gibt eine tolle Überraschung.

Also als erstes sind auf jeden Fall wieder einige Interviews geplant. Es sind heute ein paar Älteste dran, die sich auch mit dem Thema Tourismus beschäftigen. Dann steht natürlich noch das Interview mit Nacho an. Ich merke wieder wie sehr ihn das alles beschäftigt. Das ist unser Mann.

Dann kommt´s. Nacho erzählt uns, dass in ein paar Tagen in Carti ein Tanzfest der Kuna ist. Da tanzen Gruppen aus verschiedenen Gegenden des gesamten Kuna-Gebiets um einen Preis. Die ortsansässige Tanzgruppe von Armila will heute Nachmittag dafür proben und wir dürfen dabei sein.. ..und filmen.. Toll. Ausserdem verspricht uns Nacho neben all diesen Vorhaben noch durch das Dorf zu schlendern und Augenblicke des normalen Lebens einzufangen.

Ich bin nur gespannt, ob wir das alles so hinbekommen.. Natürlich sollte es sich noch ändern..

 

Nach dem Frühstück geht´s erstmal noch mit einem Interview weiter.

Auch hier führen wir wieder sehr interessante Gespräche und wir filmen was das Zeug hält. Wir sprechen über Bildung und Erziehung.

Wieder merke ich, dass sich ein zentrales Problem der Kuna um den Erhalt ihrer Kultur dreht. Dass sich die Jüngeren nach einer Ausbildung in Panamá Stadt umschauen. Man sucht nach Lösungen für dieses Problem. Man weiß aber auch dass es töricht wäre den Weg der Jüngeren als falsch abzutun. Ich kann mich in die Problematik hineindenken und würde am liebsten eine Lösung bereit halten.. Eine Idee.. Ein Vorschlag. Ich bin enttäuscht, dass ich nur zuhören kann.. Erneut bin ich allerdings wieder beeindruck wie analytisch die Indianer ihre Probleme angehen und denke mir, dass wer Probleme so präzise, engagiert und auch selbstkritisch angeht, hat doch irgendwann eine Lösung verdient.

 

Nery ist die gesamte Zeit anwesend und hört gespannt zu. Ich merke wie sie sich freut wenn ich in eine Diskussion mit Nacho als Dolmetscher einsteige.

Dann aber kommt der Zeitpunkt für sie uns zu verlassen. Sie muss mit einem Boot nach Puerto Obaldia, um dort das Boot zurück nach Capurganá zu bekommen. Ich merke ihr an, dass sie gerne noch bleiben würde. Sie will Joey aber nicht zu lange alleine lassen. Zu Hause wartet viel Arbeit.

Wir verabschieden uns herzlich. Ich spreche ihr meinen unendlichen Dank aus und sage ihr, dass dies alles wunderbar läuft, und dies ohne ihre Hilfe nicht möglich gewesen wäre. Ich merke wie sehr sie sich über dieser Worte freut. Und dass es ihr enorm wichtig ist, dass uns unser Projekt gelingt und wir eine tolle Zeit mit den Indianern verbringen. Ein wundervoller Mensch.

 

Es geht gegen Mittag und ich frage mich wie wir das Tagesprogramm schaffen wollen.. Zum einen nimmt man sich für Gespräche so viel Zeit, dass sie einem einfach irgendwann davon läuft. Aber irgendwie denke das wohl nur ich. Ich merke, dass hier ein Zeitplan nicht so gewichtig ist. Vielmehr von Gewicht sind die Gespräche. Jeder soll sich aussprechen können. Alle Aspekte sollen angesprochen und diskutiert werden. Von jedem. In Ruhe. Ich bin wieder beeindruckt wie viel Wert dieser Form der Diskussion zugemessen wird.

Da spielt es keine Rolle ob der zunächst geplante Punkt dann nun wahrgenommen werden kann oder nicht.

 

Aber auch unsere Akkus neigen sich dem Ende. Die der Kammeras, Laptop und Tongeräte. Ausserdem auch unsere eigenen.. Wir machen fast keine Pause. Obwohl uns mal eine gebrauchen könnten.

Ok, den Akkus der Elektrogeräte kann Abhilfe geschaffen werden. Aber nicht indem man sie einfach in eine Steckdose steckt. Es gibt ja keine. Nacho erklärt uns wie wir es machen. Zuerst müssen wird Benzin kaufen. Dafür wandern wir durch den gesamten Ort zu einer Hütte. Hier wird uns Benzin in eine Plastikflasche abgefüllt.

Dann geht´s wieder in eine andere Ecke des Dorfes. In eine andere Hütte. Dort befüllen wir einen Generator mit dem Benzin. Dieser wird angeworfen und in eine Birnenfassung wird eine Steckdose gedreht.. .. .. Et voila!! Da ist unsere Steckdose mit Strom.. Toll:-) So die Theorie.. Aus der eingeschraubten Steckdose vernehme ich, sich gefährlich anhörende, elektrisch brizzelnde Geräusche..

Der Eigentümer des Generators steckt den Stecker hinein. Und.. Nichts.. Ich wage es nicht diese Konstruktion zu berühren.. Zu sehr habe ich noch einen Vorfall am Strand von Capurganá im Kopf. Da bin ich mit der Hand gegen das Blechdach einer kleinen Hütte gekommen und habe einen furchtbaren Elektroschock bekommen.

Seitdem vertraue ich diesen Konstruktionen nur wenig.

Der Eigentümer aber rüttelt noch etwas an der Konstruktion herum. Und.. Nichts..

Wir wechseln die Location und tragen unsere gesamte Ausrüstung in die Nachbarhütte. Die selbe Konstruktion nochmal. Und.. siehe da.. Es funktioniert. Toll.

Wir lassen alles dort. Inzwischen ist es schon wieder Zeit zum Mittagessen. Ich habe Hunger. Kai nicht. Ohweh.. Hoffentlich wird es nicht schlimmer.

Später erfahre ich von Nacho, dass sich seine Frau Sorgen um ihn gemacht hatte, weil er kaum etwas gegessen hatte.

Nacho hatte sich sowieso ständig um alles gesorgt. Dieser nette Mensch:-)

 

Nach dem Mittagessen gehen wir zurück um nach unserer Ausrüstung zu schauen. Alles bestens. Die Akkus sind alle wieder voll. Wenigstens die der Geräte.. Wir sind immer noch total fertig.

Wir sortieren, Kai sichert die Aufnahmen und ich versuche mal wieder irgendwie Klamotten trocken zu bekommen. Dieser untaugliche Versuch endet damit, dass ich mich einfach in eine Hängematte fallen lasse und denke.. Scheiß doch drauf!! Wir sind schließlich im Dschungel. Da wo ich ich hin wollte. Gut so. Ich entspanne mich.

Aber unsere Termine.. Es ist schon spät am Nachmittag und wir treffen Nacho. Der teilt uns mit, dass die Tanzgruppe ihre Probe auf den nächsten Tag verschoben hat. Er müsse noch etwas arbeiten. Wunderbar:-) Wir machen nichts mehr.. HÄNGEMATTE. Passt wunderbar. Kai fällt aufs Bett und schläft sofort ein.

Ich denke wir haben uns das verdient. Als ich gerade die letzten zwei Tage gedanklich zurückverfolge kann ich es kaum glauben. Das sollen wir alles erlebt haben..? In nur zwei Tagen..!? Schon jetzt merke ich, dass diese Reise etwas ganz besonderes ist und wird.. Am liebsten würde ich mir schon alles von der Seele schreiben. Aber wenn ich damit jetzt anfange, werde ich so schnell nicht fertig.. Ausserdem bin ich auch völlig erschöpft. Scheiß drauf! ..denke ich, und schlafe in der Hängematte ein..

 

Nach zwei Stunden quäl ich mich wieder hinaus.. Kai schläft immer noch.. Der muss echt müde sein..

Eine Stunde später schlendern wir geduscht zum Abendessen. Wir wollten diesmal unbedingt etwas früher sein.. 18:00 Uhr. Und im Dorf neigt sich bereits alles wieder zur Nachtruhe.. Wir bewegen uns jetzt schon etwas sicherer durch das Dorf. Vereinzelt trifft man Personen die man schonmal gesehen hat und begrüsst sich freundlich.

Zum Abendessen gibt es Hühnchen mit Reis und Salat. Vielleicht habe ich Glück, denke ich mir, und ich verspeise gerade diesen supernervigen Hahn von letzter Nacht..!? 😉

 

Nach dem Essen sitzen wir noch zusammen. Neben Nacho sitzt da noch Jesus, den wir vom ersten Tag aus Puerto Obaldia kennen, und Lomberto. Beide arbeiten mit Nacho zusammen. Wir besprechen unser weiteres Vorgehen und unsere Pläne. Ein für mich sehr spannender Punkt.

Vor unserer Abreise aus Deutschland hatte ich eine relativ klare Vorstellung wie alles laufen sollte bis wir in Armila sind. Und ich musste zu diesem Zeitpunkt sagen, dass lief bisher alles perfekt.. Ich war so sehr zufrieden und begeistert. Ich dachte mir, wenn das so weiterläuft, dann wir dies ein Hammerprojekt.

Auf die Tage nach Armila, das wusste ich, hatte ich allerdings wenig Einfluss. Wir sind schließlich im Indianergebiet.

Ich hatte keine Ahnung was hier so geht und was nicht.

Natürlich, habe ich mir die ein oder anderen Gedanken darüber gemacht. Aber das dies keine konkreten Pläne sein konnten war mir schon bewusst.

Damals, als ich das erstmal die Idee hatte durch Kuna Gala zu reisen wünschte ich mir mit einem Segelboot dort durch zu cruisen.. Das hat ja nicht geklappt.

Für unsere jetzige Reise und Projekt hatte ich mir allerdings auch überlegt, wie toll es wäre außer Armila noch mehr von Kuna Yala sehen zu können.

Ich dachte daran, dass wir über die Beziehungen von Nacho irgendwie noch weitere Kontakte und Möglichkeiten finden würden Kuna Yala noch tiefer kennenzulernen.

Ich hatte aber keine genauen Vorstellungen. Ich wusste zwar, dass es den ein oder anderen Buschlandeplatz für kleine Flieger gibt, oder kleine Bootsanlegestellen, aber wie man dies alles bereisen kann und wie die Verbindungen und Möglichkeiten im einzelnen aussahen wusste ich natürlich nicht.

Jetzt war es an dem Zeitpunkt darüber zu sprechen und ich war heilfroh, dass ich mir im Vorfeld schon Gedanken darüber gemacht habe.

Nacho fragte nämlich in seiner direkten und zielorientierten Art danach. Auch er machte sich Gedanken. Armila war ihm extrem wichtig. Es war der zentrale Punkt unseres Projektes. Aber ich spürte, dass uns Nacho noch mehr zeigen wollte. Das freute mich sehr und ich wusste, dass wir irgendwie zusammen kommen würden. Wenn wir es bis dahin nicht schon waren..

Nachdem ich ihm von unseren Vorstellung berichtet hatte, eröffnete er mir mehrere Optionen. Eine davon war auch nach Puerto Obaldia zurück, und mit einem direkten Booten in einer Tagesreise zum anderen Ende von Kuna Yala nach Cárti.

Puerto Obaldia, direktes Boot, Cárti und Ende von Kuna Yala..!? Nein, das war keine Option.. Wir gingen noch ein paar Optionen durch wo kleine Buschflieger eine Rolle spielten. All das wollten wir nicht. Dann kam sein Vorschlag.

Wir chartern sein Motorboot und er bringt uns in einer Zwei-Tagestour durch Kuna Yala nach Cárti. wir sollten dabei weitere Dörfer besuchen. Er hätte noch gute Kontakte im gesamten Kuna Gebiet und könnte uns noch weiteren Personen vorstellen. Auch würde er schöne Plätze zum Übernachten kennen.

Von Cartí würde uns dann der Weg nach Panamá Stadt offen stehen. Hhmm, dachte ich. Eigentlich genau das was wir wollten. Aber was sollte das alles kosten.. Ein eigenes Boot. Plus zwei Leute Besatzung.

Nacho fing an zu rechnen. Der Hauptbetrag fiele auf das Benzin. Zwei Motoren mit je 75 PS auf ca. 250 Km über das Wasser.

Dann müssen Jesus und Lomberto bezahlt werden. Nacho rechnete uns einen Preis von mehreren Hundert US Dollar aus und versicherte, dass in diesem Betrag nur der Sprit und die nötigsten Unkosten beinhaltet wären.. Hhhmmm!? Eine stolze Summe.

Nacho erklärte er selber würde diese Route oft fahren und er würde sich freuen uns mehr von Kuna Gala zu zeigen. Ausserdem ist er selber gerne unterwegs.

Und obwohl ich mir sicher war, dass dieser Betrag absolut gerechtfertigt wäre hatte ich doch etwas bedenken. Schließlich war es eine stolze Summe..

 

Wir verblieben dabei, dass wir uns bis zum nächsten Tag darüber Gedanken machen wollten. eine mögliche Abreise war für den übernächsten Tag geplant.

Aber zuerst stand da ja noch der Folgetag an. Und da hatten wir wieder eine Menge auf dem Programm..

Also ging es ins Bett. Es war ja schon ca. 20:00 Uhr. Allerhöchste Eisenbahn schlafen zu gehen.:-)

 

Auf dem Weg zu unserer Hütte unterhielt ich mich mit Kai über die mögliche Reise. Und noch bevor wir bei unserer Unterkunft angekommen waren stand unser Entschluss fest.

Unser eigenes Boot durch ganz Kuna Yala, mit unserer eigenen Besatzung, und dem -meiner Meinung nach- besten Fremdenführer den man sich in dieser Gegend wünschen kann.. Ja spinn ich denn..!? Warum sind wir denn hier..!? Was hatten wir denn ursprünglich vor..!?, Und wieso mach ich mir über diese Entscheidung überhaupt Gedanken..!? Mir muss die schwüle Hitze und die Arbeit irgendwie auf mein Traveller-Hirn geschlagen sein.. Ich Idiot!! Scheiß auf die Kohle!! Wann haben wir wieder so eine Gelegenheit.

Natürlich werden wir übermorgen mit Nacho, Jesus und Lomberto durch Kuna Yala reisen..:-))

 

Wie sich später noch herausstellen wird, war dies, neben der Entscheidung überhaupt zu den Kuna zu reisen, die beste Entscheidung die wir für unsere Reise und unser Projekt treffen konnten..

 

Dann war der zweite Tag bei den Indianern zu Ende..

 

Zufrieden sind wir ins Bett gefallen.

Und der völlig zeitlose und durchgeknallte Hahn hat mich dann in der Nacht auch nur ganz wenig genervt.. 😉

..

Bevor ich im Tagesablauf weiter schreibe, möchte ich noch auf ein völlig neues Thema eingehen, über welches ich noch überhaupt nicht gesprochen haben.

Nämlich Schildkröten..

 

Als ich das erstmal mit Naky, Nachos Sohn, Kontakt hatte, schrieb er mir von dem Schildkröten-Schutzprojekt welches in Armila stattfindet.

 

Auch damit habe ich mich im Vorfeld beschäftig und mir einiges über die Lederschildkröte angeschaut.

Ich war beeindruckt was das für Lebewesen sind, und vor allem, wie riesig diese werden können..

 

Wie viele andere Tiere benötigen die Lederschildkröten auch besonderen Schutz um nicht vom aussterben bedroht zu sein.

 

Jedenfalls habe ich mich noch vor meiner Reise nach Armila darauf gefreut noch mehr über diese tollen Tiere zu erfahren, oder vielleicht sogar welche zu sehen..

 

Leider waren wir aber nicht zur deren Zeit in Armila. In der Zeit ab April kommen die Tiere an den Strand um ihre Eier abzulegen. Ab Mai dann kann man die kleinen Schildkröten beobachten wenn sie aus ihren Eiern schlüpfen, sich aus dem Sand buddeln und in Richtung Meer krabbeln.

 

Nacho hatte mir noch sehr viel über die Schildkröten erzählt, und ich habe ihm dabei mit der selben Begeisterung zugehört wie er gesprochen hat.

Ich hatte mir fest vorgenommen, dieses Schauspiel einmal live mitzuerleben.

Vielleicht auch schon sehr bald..

 

So viel jedenfalls erstmal am Rande zu den Schildkröten. Ich musste auch darüber etwas schreiben, weil es einfach zu Armila dazu gehört.

Außerdem wird es auch nochmal Thema in den folgenden Erzählungen.

 

Als wir am Morgen Nacho trafen teilten wir ihm freudig unsere Entscheidung bzgl. der Fahrt durch Kuna Yala mit. Auch er schien sich darüber zu freuen.

Dann teilte er uns noch mit, dass wir ja versuchen könnten den ein oder anderen Passagier noch mitzunehmen, und so die Kosten reduzieren könnten. Wir müssten eh nochmal vorher kurz nach Puerto Obaldia, um die Reise bei der Meeresbehörde anzumelden. Puerto Obaldia..!? Ohweh.. Na gut, wenn´s nicht anders geht. Und wir eventuell andere Traveller treffen die wir mitnehmen können.. OK.

Eine Geschichte dazu wird noch folgen..;-)

 

Diesen Tag auf jeden Fall sollten wir wieder mit einem Interview beginnen. Direkt nach dem Frühstück wollte Nacho in die Kamera sprechen. Ich hab gemerkt, dass er schon ein bisschen aufgeregt war und sich bereit machte, als die angekündigte Gruppe Seylas -Älteste- an der Steinterrasse eintraf.

Der Arme. Musste sein Interview nun schon wieder aufschieben. Aber es war für ihn selbstverständlich den Ältesten den Vortritt zu lassen.

 

Die kleine Gruppe bestand aus fünf Leuten. Den ein oder anderen kannte ich bereits. Man ist sich im Dorf schonmal über den Weg gelaufen und hat sich freundlich begrüßt.

 

Auf dieses Interview war ich schon sehr gespannt. Die Seylas stellten ein kleines Komitee dar, welches sich mit dem Thema Tourismus beschäftigt. Ein Thema welches im Nordwesten von Kuna Gala eine größere Rolle spielt als in Armila und die Gegend herum. Dorthin reist so gut wie niemand.

Aber die Seylas kommen aus verschiedenen Teilen des Landes und, wie ich schon beschrieben habe, tauscht man sich aus und bespricht alle Angelegenheiten.

 

Anfangs dachte ich, wir könnten einem der wenigen Treffen der Seylas in Armila beiwohnen. Später habe ich dann erfahren, dass sich die Seylas eigentlich ständig in verschiedenen Teilen des Landes treffen, und permanent verschiedensteThemen aus unterschiedlichen Bereichen diskutieren. Das kann dann auch mal mehrere Tage dauern. Aber es ist eben nun mal ihr „Job“.

 

Und weil das Thema Tourismus ja auch nicht zuletzt uns betrifft war ich sehr darauf gespannt, was sie darüber zu sagen haben.

Es sollte auch unsere spannendste Unterhaltung werden. Aber dazu komme ich gleich noch.

 

Wir wurden jetzt auch sicherer im Umgang mit den Persönlichkeiten und kannten deren Vorgehensweise.

Nacho übernahm wie gewohnt den Part des Moderators und Dolmetschers. Er machte uns alle bekannt und erklärte unser Projekt.

Dann, wie selbstverständlich, startete einer der Ältesten. Langsam erkannten wir die Struktur dieser Gruppe, welche sich in der Regel nach Alter und Erfahrung richtet.

 

Einer der Ältesten fing an und Nacho übernahm die Übersetzung von Kuna ins Spanische.

 

Teilweise wiederholten sich die Inhalte aus den Interviews der letzten beiden Tage.

Das zentrale Thema ist natürlich die Angst vor dem Verlust ihrer Kultur, welcher mit der Entwicklung der Jüngeren und dem zunehmenden Tourismus einhergeht.

Dies hatte ich ja schon beschrieben.

 

Die Seylas machten allerdings auch sehr deutlich, das sie sich dem Tourismus nicht völlig verschliessen wollten. Der Entwicklung und Bildung der Jüngeren natürlich noch viel weniger.

 

Ein Tourismus sollte aber nachhaltig sein, und unter Rücksicht und Respekt der Natur und Kultur der Indianer betrieben werden.

Dann würde er ihnen gut tun. Denn natürlich bringt dieser auch Geld in die Kommunen und eröffnet den Jüngeren Möglichkeiten einer Arbeit in den Gemeinden nachzukommen in welcher sie möglicherweise in Panamá-Stadt ausgebildet wurden. Die Gemeinde würde somit für den Nachwuchs wieder interessanter werden.

 

Nach einer Weile kam ein weiterer Seyla zu Wort, welcher bislang noch gar nichts gesagt hatte.

Ich merkte, dass er sich mit seinem Start etwas schwer tat.. So, als würde er sich nicht so richtig trauen. Hhmm, gar nicht die Art die ich so kannte.

Dann wusste ich auch warum.. Er war der erste, der während all dieser Gespräche eine Frage direkt an Kai und mich stellte. Nacho übersetzte.

Ihn interessierte unser Projekt, Welchen Zweck es denn genau habe. Für wen es ist und wer dahinter steht. Wen wir denn damit erreichen wollten..?

Ich habe mich unglaublich gefreut. Denn obwohl ich irgendwie wusste, dass man sich sehr für uns interessiert, wurde es mir mit dieser Frage nur bestätigt.

 

Ich erklärte uns auf Spanisch und richtete dabei meine Worte abwechselnd an Nacho, der ja übersetzen sollte, und den Seyla, von ich merkte, dass er etwas Spanisch verstand.

Ich erklärte, dass wir ein rein privat finanziertes Projekt darstellen, und dass wir so viel wie möglich über die Kuna in Erfahrung bringen wollen.

Eventuell, sage ich ihm, können wir unseren fertigen Film später einem Kultursender anbieten. Aber das wird sich erst zu Hause zeigen, wenn wir mit allem fertig sind.

Ich erkläre noch etwas über unser eigenes kulturelles Interesse und die Lust am Reisen.

Der Seyla hört mir geduldig zu und bedankt sich nach meiner Ausführung.

Nacho übersetzt nochmal.

In den folgenden Gesprächen merke ich, wie wenig diese Seylas über unsere Interessen und Einstellungen wissen. Und wie sehr sie sich doch eigentlich dafür interessieren. Ich musste erst lernen, dass die bisher ausgebliebenen Fragen an uns nicht von mangelndem Interesse zeugten, sondern einfach ihre Form der Kommunikation darstellten. Man teilt sich mit.. Alles was man zu einem Thema zu sagen hat. Der Rest hört geduldig zu..

 

Mir gehen während der folgenden Gespräche noch viele Gedanken durch den Kopf, die ich gerne loswerden möchte..

Ich wusste, dass wenn ich irgendwie signalisiere, dass ich noch etwas mitzuteilen hätte, mir sofort das Wort erteilt worden wäre. Stattdessen hörte ich den weiteren Gesprächen aufmerksam zu und machte mir Notizen. Von dem was ich hörte, und von dem was mir noch auf der Zunge brannte..

 

Dann war die Diskussion irgendwann zu Ende. Als ich sicher war, dass keiner der Seylas noch etwas mitzuteilen hatte, richtete ich mich nochmal an die Person, welche uns ca eine viertel Stunde zuvor die Frage gestellt hatte.

Ich sagte ihm, dass mir noch mehrere Gedanken im Kopf rumgeistern, und ich gerne nochmal auf seine Frage zurückkommen würde.

 

Ich merkte das Erstaunen der Seylas und konnte beobachten wie sie sich gespannt in ihren Stühlen zurücklehnten.

 

Ich ging noch auf ein paar Details unseres Projektes ein. Dann beschrieb ich unser persönliches Interesse für ihre Kultur. Ich erklärte ihnen ebenfalls, dass man sich in anderen Ländern auch sehr stark für solch eine alte und traditionelle Kultur interessieren würde und dass es demnach auch diesen Menschen wichtig wäre solche Kulturen zu erhalten. Da unsere Gesellschaft immer schnelllebiger werden würde und gesellschaftliche Krankheiten wie z.B. „Burn Out“ immer häufiger auftreten würden interessiert man sich zunehmend für solche traditionellen Kulturen und wäre auch bereit sich für deren Erhalt zu engagieren.

Da dieses Interesse vorhanden wäre können man Tourismus betreiben. Dieser Tourismus aber müsse extrem verantwortungsbewusst gehandelt werden um die Authentizität dieser Kultur nicht zu gefährden.

Ich sagte, ich sei mir sicher, dass Menschen für einen nachhaltigen und verantwortungsvollen Tourismus, welcher dazu beiträgt die spannende Kultur der Kuna transparenter zu machen, zu begeistern wären. Dabei dürfe es nicht darum gehen zu konsumieren, sondern eine authentische Kultur zu vermitteln und in ein Leben wieder eine Langsamkeit hineinzubringen. Dafür würden sich sicherlich Menschen aus dem Ausland begeistern können.

 

Ich merke, wie man mir gespannt und begeistert zuhört.

 

Dann kommen wir langsam zum Ende. Alle Beteiligten bedanken sich für das Gespräch. Obwohl eigentlich wir für die tollen Aufnahmen zu danken haben.

Dann verabschieden wir uns und ich merke, dass etwas anders ist als zu den vorangegangen Verabschiedungen nach unseren Gesprächen.

Beim Händeschütteln ergreift man mit beiden Händen meine Hand. Es wird nochmal nach unserem Namen gefragt und gesagt, dass man doch immer wieder sehr willkommen ist.

 

Wir freuen uns.

Die zahlreichen Interviews mit den Seylas waren anstrengend. Deshalb sind wir jetzt ein klein wenig erleichtert diese Arbeit geschafft zu haben.

Aber unter die Erleichterung mischt sich auch etwas Schwermut. Schließlich waren diese Gespräche auch sehr aufschlussreich. Ein klein wenig ärgert es mich, dass ich nicht früher in so eine Form der Diskussion wie zuletzt gefunden habe.

Aber es war schließlich erst der dritte Tag bei den Kuna und wir müssen in dieser neuen Welt erstmal ankommen..

 

Bevor ich in meiner Geschichte weiter schreibe, muss ich nochmal einen kleinen Exkurs machen. Und zwar zu dem vergangenen Tag.

 

Kai und ich hatten schon einige Wasserflaschen geleert und diese bei unserer Hütte gesammelt. Irgendwie konnten wir nirgends einen Mülleimer finden. Mir sind zwar hier und da einige leere Plastikflaschen zwischen Kokusnussschalen aufgefallen, aber natürlich wollten wir unseren Müll nicht hinzu werfen.

 

Nacho war also bei unserer Hütte und hatte die Plastikflaschen entdeckt.

Begeistert hat er sie eingesammelt und mir erzählt, die kann er gut gebrauchen. Er hätte eine gute Idee zum recyceln..

 

Hmm, Recyceln.. ja klar. Man wirft sie in einen großen Sack, und gibt sie dann irgendwo ab.. Ist doch kein großes Ding.. Ich sollte mich täuschen.. Und wie..

 

Weiter im Tagesablauf.

Wir waren nun mit unserem Interview fertig, und es war noch früh am Vormittag.

Nacho wollte sein Interview nach dem Mittagessen machen. Also beschlossen wir einen Spaziergang zu machen. Am Strand entlang zu einem nahegelegenen kleinen Berg, von dort hätte man eine super Aussicht über Armila. Mit etwas Glück könnte man auf dieser Tour durch den Regenwald auch paar kleine Pfeilgiftfrösche sehen. Also los.

Es ging durch einen Kokoswald kurz hinter dem Strand entlang. Den Strand konnte von dort nicht so gut einsehen.

Dann kam´s.. Nacho machte mich darauf aufmerksam, dass man hier seine Plastikflaschen entsorgen würde.. Wie..!? Entsorgen..!? Hier gib´s ne Müllhalde. Schlimme Vorstellung.. Aber es kam dann noch schlimmer..

Er führte uns zu einem Strandabschnitt, und was ich dann sehen musste, hat mich fast umgehauen..

Da war ein riesiger Streifen Strand über und über bedeckt mit Müll. Jede Form von Plastik. Hauptsächlich Flaschen in allen Größen und Formen..

Mir hat´s die Sprache verschlagen.

Was ist denn mit der Naturverbundenheit der Indianer..?, mit „Pachamama“ – Mutter Erde..?, und überhaupt.. die Schildkröten..? die kommen doch auch hier her..

Nach allem was ich bislang gesehen und gehört hatte konnte ich das alles nicht zuordnen..

Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Ich war regelrecht schockiert. Das alles passte nicht.

Nacho führte uns weiter.. Ich stolperte weiter. Sollte ich ihm meine Bestürzung mitteilen. Oder war das deren Angelegenheit.. Erstmal ging es weiter..

Egal, hab´ ich mir gedacht. Es spielt keine Rolle ob man hier eventuell irgendwem auf den Schlips tritt. So etwas geht nirgendwo. Das muss man ansprechen.

„Nacho..!?“ — „Si..?“

..also, das mit dem Müll.. das geht gar nicht.. Das könnt Ihr doch so nicht gut finden..!? Ich erkläre ihm meine Gedanken. Wohin so etwas führt. Und wie sehr das im Widerspruch zu deren Schildkröten-Schutzprojekt steht. Und überhaupt gegen die Natur. Ich kann es kaum fassen, dass man in der heutigen Zeit dies noch irgendwem erklären muss..

Nacho war dies alles sichtlich unangenehm. Er wisse um diesen traurigen Umstand.

Aber es würde hier an einer logistisch organisierten Müllabfuhr fehlen. Vereinzelt würden sich Leute selber um ein Recycling-Projekt kümmern. So wie er auch. Das wolle er mir später zeigen. Ich war gespannt.

Er würde sich dafür einsetzen, mehr Leute dazu zu bewegen, sich sorgfältiger um ihren Müll zu kümmern, und diese Leute auch zum recyceln zu bewegen.

Ich war gespannt was er denn mit seinem Recycling-Projekt meinte..

Jedenfalls machten wir uns erstmal weiter in den Dschungel. Auf dem Weg haben wir dann auch einen kleinen Pfeilgiftfrosch entdeckt.

Nach einer schweisstreibenden halben Stunde sind wir dann auf einem Hügel angekommen, und hatten tatsächlich eine wunderbare Aussicht über die Küste und das Dorf Armila.. Wäre da nicht der Müll. Das ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Passend dazu setzte ich mir IN den Kopf, dieses Problem irgendwie anzugehen. Mit Nacho nochmal darüber reden.. Nach Ideen suchen.. Wie auch immer.. So NICHT.

Auf dem Rückweg haben wir dann am Strand noch ein paar Kinder beim Fußballspielen getroffen. Mit einem Müll-Styropor-Würfel.. Trotzdem freuten die sich riesig als ich ein paar Spielzüge mit kickte. Wenn man das so nennen kann..;-)

Als mein Shirt vom Schweiß völlig durchnässt war und ich mit Nacho und Kai zurückgehen wollte, da waren beide nicht mehr da.. Hhmm. Ich hatte den Eindruck, dass die Sache mit dem Müll Nacho echt unangenehm war. Ok, dann wird sich auch was bewegen.. Kai wollte, glaub ich einfach nur in unsere Hütte. Dem ging es immer noch nicht so gut.

Im Dorf dann angekommen gab es erstmal Mittagessen. Nacho verkündete uns, dass die Tanzgruppe um ein Uhr schon proben wolle.

Also, kurz duschen, Filmsachen klarmachen und ab zur Arbeit.. Wir waren schon sehr zuversichtlich, ein paar gute Aufnahmen machen zu können.

Auf dem Weg durch das Dorf hörte ich plötzlich jemanden entfernt rufen „Maattaaas!!“ Ich musste mich erstmal ein bisschen umschauen, um zu sehen wer denn dort rief. Dann entdeckte ich einen der Seylas vom Morgen. Er stand etwas entfernt am Eingang einer Hütte und winkte uns freundlich zu. Es war der Herr, auf dessen Frage ich bei unserer Unterhaltung nochmal eingegangen bin.

Ich freute mich über diese Situation. Es zeigte uns, dass wir irgendetwas richtig gemacht haben mussten und wir in dem Dorf immer besser aufgenommen wurden. Es sollte auch nicht das letzte mal sein, dass wir in dem Dorf so freundlich begrüsst wurden.

Deutscher Pünktlichkeit gemäß waren wir um ein Uhr dann an dem verabredeten Platz. Ausser uns war dann da noch.. Niemand:-)

Nacho erklärte uns, dass es aber in Kürze losgehen würde.. Also warten. Es war sowieso viel zu heiß und schwül um sonst irgendetwas anderes zu tun. Wir baumelten unter einem Palmblattdach in Hängematten und harrten der Dinge. Gelegentlich kamen dann noch ein paar Kinder beim Spielen vorbei und winkten uns freudig zu.

Dann sah ich eine Kuna-Frau die an einem Seil ein großes Behältnis hinter sich her zog. Gefüllt mit.. Müll. In Richtung Strand.. Oh Man, wie ein Fluch verfolgte mich diese Sache.

Dann sammelten sich nach und nach die Musiker und Tänzer. Gegen halb drei..

Als es dann endlich losgehen sollte, stellte ich fest, dass der Akku meiner Kamera leer war. Ich bin gerannt..

Belohnt wurden wir dann aber mit einem ordentlichen Stück Kulturgut der Kuna-Indianer. Wir wurden Zeuge einer uralten traditionellen Tanzes. Die Musikinstrumente waren Panflöten, aus Bambus gebastelt. Den Rhythmus gab das einheitliche Stampfen der Füße zur Musik vor.

Und das Tollste, wir durften alles filmen.

Nach dem Tanz gab es dann noch ein Gruppenbild mit allen. Und mindestens genauso lang wie der Tanz gedauert hatte, hielt die Begeisterung aller Teilnehmenden an, als diese sich die Fotos und die Aufnahmen auf den Kameras anschauten. Begeisterung, Erstaunen und Gelächter.

Bevor es dann dunkel wurde wollten wir noch das Interview mit Nacho machen.

Während dieses Interviews, wird mir immer stärker bewusst, wie sehr Nacho mit seinem Herz an dieser alten Kultur der Indianer hängt. Wie wichtig es ihm ist diese Kultur zu erhalten. Wie sehr er darum bemüht ist diese Kultur in die Welt hinauszutragen und bei den Menschen das Interesse für diese Kultur zu wecken. Ich weiß, wir haben mit unserem Filmprojekt Verantwortung übernommen. Ich möchte Nacho auf keinen Fall enttäuschen. Und ich glaube, er weiß dass ich so denke..

Vor dem Abendessen laden wir nochmal die Akkus der Geräte und sichern die Filmaufnahmen.

Dann wird schon alles für unsere Abreise am nächsten Tag verpackt.

Während wir zusammen mit Nacho zu Abend essen, sprechen wir noch über die nächsten Tage.

Der Plan war es, nach einem kurzen Stop in Puerto Obaldia.., den gesamten Tag mit dem Boot in Richtung Cartí zu fahren. Unterwegs wollte Nacho mit uns noch an anderen Dörfer halten und uns herumführen.

Nach einer Übernachtung auf einer Insel sollte uns die letzte Etappe dann schließlich nach Cartí bringen, von wo aus wir dann alle Möglichkeiten zum weiter reisen hätten.

Ich frage ihn noch nach einer netten Insel zum Erholen. Irgendwie dachten wir uns, hätten wir nach der vielen Arbeit mal eine Insel verdient.. Einfach nur ausspannen und die Seele baumeln lassen.

Auch dafür, sagte Nacho, hätte er eine gute Adresse für uns. Und wie sehr er Recht behalten sollte..:-))

Dann ging es schlafen. Wir waren mal wieder total ausgelaugt. Und obwohl ich auch völlig fertig war, arbeitete mein Kopf noch auf Hochtouren um die gesamten Eindrücke der letzten drei Tage zu verarbeiten.

Inzwischen war mir auch dieser verrückte Hahn völlig egal.

 

Am nächsten Morgen ging es wieder früh aus dem Bett. Als ich vom Duschen zu unserer Hütte zurück kam, erwartete uns schon Nacho mit einer Sackkarre für unser Gepäck -der denkt wirklich an alles-..

Nach einem kleinen Frühstück zeigte verabschiedeten wir uns zuerst von Nacho´s Familie, und hatten die Möglichkeit bei Nachts Frau noch ein paar sehr schöne Molls zu erwerben.

Dann zeigte uns Nacho noch sein Recycling-Projekt. Ich war sehr gespannt was mich erwartet.

Er führte uns zu seinem Gemüsebeet.. Dort konnte ich das Projekt bestaunen.

Etliche Kunststoffflaschen waren mit dem Flaschenhals nach unten in den Boden vergraben, und umgrenzten somit das Gemüsebeet. Eine ähnliche Konstruktion kenne ich aus meinem Garten. Ich benutze Backsteine um das Gemüsebeet gegen wild wucherndes Unkraut zu schützen.. Hhhmm.. Gewöhnungsbedürftig, aber eigentlich nicht schlecht denke ich. Nacho ist sehr stolz und ich beglückwünsche ihn zu dieser tollen Idee.

Aber mir wird eines nochmal sehr tragisch bewusst.. wenn solche Konstruktionen die bisher einzigen Recycling-Maßnahmen ausmachen.. ..dann ist das der Tropfen auf den heißen Stein. Naja, denke ich mir.. der Wille ist da.. das ist ausbaufähig.. Hier muss einfach etwas getan werden..

Uns sollte eine noch kuriosere „Recycling-Methode“ erwarten..

Aber auf dieses Thema werde ich ganz am Ende meines Blogs nochmal eingehen.

 

Jetzt jedenfalls war es an der Zeit uns bei allen zu verabschieden und die Weiterreise anzutreten.

Nacho, Jesus und Lomberto halfen uns das Gepäck zum Boot zu bringen. Die ersten Sprit-Vorräte wurden verladen.

Dann ging es los und ich sofort stellte wir fest, dass Nacho, Jesus und Lomberto ein eingespieltes Team waren.

Nacho war der Käptn. Ihm gehörte schließlich das Boot. Lomberto war am Motor und steuerte das Boot. Und Jusos stand mit einer Stange in der Hand am Bug des Bootes und lotste Lomberto durch seichtes Wasser oder machte ihn auf etwaige Gegenstände im Meer aufmerksam, um mit diesen nicht zu kollidieren. Wie gut die Gemeinschaft zwischen diesen Dreien war sollten wir später noch besser kennenlernen.

Als wir Armila über den Fluss in Richtung Meer verliessen waren wir sehr gespannt.

Dazu mischten sich noch weitere Gefühle. Zum einen waren wir glücklich. Das gesamte Projekt lief extrem gut an. Wir hatten einen tollen Zugang zu den Indianern gefunden und fantastische Erfahrungen und Aufnahmen gesammelt. Wir haben tolle Menschen kennengelernt und sehr viel über die Kultur der Kuna erfahren. Es war extrem anstrengend und wir waren auch etwas froh, dass jetzt ein neuer Abschnitt unserer Reise bevor stand.

Ich war aber auch etwas traurig.. Es war unglaublich wie sehr man die Entwicklung unserer Beziehung zu den Indianern verfolgen konnte. Von anfänglichen Misstrauen zu einer freundlichen Neugier und einer beginnenden Aufgeschlossenheit.

Wenn man weiß, wie verschlossen die Kuna Kameras gegenüber sind war ich zu diesem Zeitpunkt sehr stolz über das was wir in nur drei Tagen erreicht hatten.

Natürlich fragte ich mich wie es wäre, wenn wir uns noch mehr Zeit für diesen Ort genommen hätten.. Wenn wir uns noch besser klimatisiert hätten, und somit mehr Energie in die Gespräche hätten einfliessen lassen können..

Aber wir waren schon sehr zufrieden. Schließlich sollte diese Reise zuerst nur eine Aufklärungsreise werden.

Und alleine der Umfang meines Blogs sollte schon zeigen wie unglaublich viele Eindrücke wir gesammelt haben.

Außerdem standen uns noch ein paar Tage im Indianergebiet bevor.. Also richteten wir unseren Blick weiter nach vorne und freuten uns auf das was kam..

 

Wir hatten den Fluss bereits verlassen, die Brandung überwunden und Lomberto beschleunigte das Boot.

Wieder unterwegs.. mit dem Boot über das Meer im Indianergebiet. Dazu eine fantastische Aussicht auf den undurchdringlichen Dschungel im Darien-Gap*

 

Toll 🙂

Einziger Wermutstropfen war der bevorstehende Stop in Puerto Obaldia.. aber das folgt in der Fortsetzung.. 😉

..

Also ging es mit dem Boot erstmal nach Puerto Obaldia. diesen Ort hatten wir auch schon nach kurzer Zeit erreicht.

Nacho hatte am Morgen etwas gedrängt. Er meinte, dass wir vor dem Boot aus Capurganá dort sein sollten. Wegen möglicher weiterer Kunden, um unsere Kosten zu reduzieren. Er meinte es wirklich gut mit uns..

Ich hatte mir kurz überlegt, ob mir die Kosten nicht einfach egal sein sollten.. Nur nicht mehr in dieses Nest zurück..

Aber wir mussten ja sowieso noch zu diese Hafenbehörde.. So heißt die. H a f e n b e h ö r d e.. oder so ähnlich..

Egal, ich hatte KEINE Lust.

 

Jedenfalls landeten wir vor der Militärstation mit unserem Boot an. Es war ca. 9 Uhr.

Und wieder.. Alles Gepäck zur Durchsuchung ausladen. Zu diesen BEAMTEN.. zur Durchsuchung.. Maaaan. Egal, möglichst schnell alles hinter uns bringen..

Wir trugen unsere Sachen zu dem „Schalter“, welcher lediglich aus einem alten langen verrottenden Holztisch bestand.

Auf dem Weg dorthin zeigte Nacho auf ein gerade in die Bucht einbiegendes Boot.

Das Boot aus Capurganá. Und so wie ich erkennen konnte, waren dort auch einige „Gringos“ auf dem Boot. Also Leute aus den USA oder Europa..

Aber erstmal die Bürokratie hinter uns bringen.

Diesmal allerdings waren die Leute recht entspannt.. Sie wussten wir waren mit Nacho dort.

Aber die Militärs registrierten auch, dass wir diese Prozedur inzwischen kannten. Wir wurden nicht mehr ganz so abfällig behandelt. Das war das Militär und die Polizei.. Wir sollten ja noch zur Hafen-, Wasser-, Meeres-Behörde. Oder wie auch immer sich dieses Amt schimpft.

Wir standen gerade am Durchsuchungstisch, als Nacho ganz aufgeregt hinzu kam und mir signalisiert ich sollte schnell zum Ufer kommen. Die Leute von dem Boot aus Capurganá steigen gerade aus. Und es wären Ausländer dabei.. Schnell, schnell..!!

Ich habe kurz überlegt. Möglicherweise Europäer..!?

„Nacho, die müssen doch sowieso hier vorbei und sich ihr Gepäck durchsuchen lassen..!?“ – „Ja stimmt, wieso?“

Ich erklärte es ihm.

„Wenn das Europäer sind, und ich direkt auf sie losstürze, und ihnen ein Angebot mache, mit uns im Boot über zwei Tage nach Cartí zu fahren.. Dann ist es egal wie gut das Angebot ist.. Die werden es ausschlagen..“ – „Warum das denn? Das ist doch eine tolle Tour..!?“ – „Ja, aber wer einem im Ausland etwas aufdrängen will, der will einen erstmal über´s Ohr hauen.. so ist die allgemeine Meinung.., man wird erstmal ablehnen. Auch wenn das Angebot gut ist.. Das ist Misstrauen.. Vertrau DU jetzt mal MIR..!“

Nacho´s Gesichtsausdruck sah völlig entgeistert aus. „Ok, Mattiass. In diesem Punkt bist wohl Du der Fachmann.“

 

Wir waren noch mitten in der Durchsuchung, als die Personen aus dem Boot sich an dem Tisch anstellten. Augenscheinlich konnte ich vier „Gringos“ ausmachen, und versuchte ihre Sprache zu verstehen. Ich hörte Englisch. Kein Amerikanisches. Gut. Das kam von zwei jungen Backpackern. Da war da noch ein Pärchen.

Alle standen, wie jeder Rucksacktourist der das erstmal in Puerto Obaldia ist, vor diesem Tisch und sahen angesichts dieser Präsenz von Militär und Polizei mit ihrer Bewaffnung ziemlich eingeschüchtert aus. Die barschen Anweisungen auf Spanisch taten den Rest.

Eingeschüchtert und fragend schauten sie sich an.. Oje, dachte ich nur.. Die sprechen noch nichtmal Spanisch. Und solch eine Tour..!?

Kontakt herstellen.. 😉

Übrigens Leute, diese Unterstützung hätte ich auch ohne einen geschäftlichen Hintergedanken gemacht. – nur mal so am Rande:-)

 

Ich erklärte ihnen die Prozedur auf Englisch, und sie hörten mir aufmerksam und dankbar zu.

Die Durchsuchung, die Einreise, die Passkopien, die offizielle Einreise und die.. .. Wasserbehörde..

Ich konnte in Erfahrung bringen, dass die beiden Typen aus England kamen, und das Pärchen aus Holland.

Sie bedankten sich mit den Worten, ich sollte doch als Reiseleiter arbeiten..;-))

Perfekte Überleitung..

Jetzt kam ich auf unsere tour zu sprechen und fragte sie, ob sei denn schon Pläne zur Weiterreise hätten. Das Pärchen hatte bereits Tickets für ein Propellerflieger.

Die waren also raus.

Die Engländer allerdings hätten noch keine Pläne. Und nach dem Durchsuchungseinstand wollten die weiter. So viel stand fest. Und es wir dort ja nicht besser.

Sie meinten es gäbe doch ein Boot nach Cartí..!? Ja. Antwortete ich. Das geht direkt Vollgas durch ganz Kuna Yala durch und fährt den ganzen lieben langen Tag.. bum bum bum.. die Wellen.. Und von der tollen Gegend und dem Land der Kuna (Kuna Yala) bekommt man nichts mit.

So ist es eben in Kuna Yala.. Man kann zwar durchreisen, aber man kann dieses Land nur sehr schwierig bereisen.. Dies ist nur mit den richtigen Kontakten möglich. Ich hatte es ja selber schonmal auf eigene Faust probiert.. Ging in die Hose..

Also erzählte ich von unserer geplanten Tour. Dass wir sowieso fahren würden, uns aber über weitere Gäste freuen würden um die Spritkosten zu reduzieren.

Ich machte ihnen ein Angebot, welches pro Person nur wenig höher lag als der Preis für das Expressboot. Wir hatten schließlich unsere Indianercrew und waren somit perfekt für die kommenden zwei Tage aufgestellt. Ausserdem würden Kai und ich trotzdem noch den Hauptteil der Kosten tragen. Das klang fair. War es auch.

Sie schauten sich kurz an und hatten nach ca. zwei Sekunden die Entscheidung getroffen. Bingo!!

Das holländische Pärchen hörte genau zu. Beide haben dann enttäuscht die Schultern hängen lassen.. „Mist, wir haben schon den Flug“

Nacho stand am Rand und hatte die gesamte Szenerie genau verfolgt ohne ein Wort zu sagen.

Als wir kurz einen Blick wechselten und ich ihm Daumen hoch signalisierte staunte er nicht schlecht und meinte ich müsse ihm noch mehr über den Umgang mit den Touristen beibringen.

Auf diese Sache komme ich ebenfalls am Ende meines Blogs nochmal zurück..

 

Jesus soll die beiden Engländer begleiten. Sie müssen schließlich noch zum Militär, die Pässe kopieren, zur Einreise und zur Hafenbehörde.

Die beiden freuen sich über die Begleitung von Jesus. Und ich weiß, dass sie in guten Händen sind. Schließlich hatte uns Jesus am ersten Tag auch wunderbar geholfen.

Kai bleibt bei unserem Gepäck. Nicht nur weil später nichts weg sein soll, sondern auch weil wir nicht mehr mitnehmen wollen als beabsichtigt.. ..

Ich gehe mit Nacho ins Dorf. Ich möchte noch meine restlichen kolumbianischen Pesos gegen US-Dollar eintauschen. Neben dem Balboa-Dollar die zweite offizielle Währung in Panamá. Der Wert beider Währungen ist der selbe.

Aber hier gibt es keine Wechselstube.. Nacho ruft auf der Straße einen Bekannten nach dem anderen heran. Jeder wechselt mir einen Betrag.

Ich fühle mich etwas unwohl. Schließlich habe ich eine Menge Bargeld umzutauschen. Aber es läuft gut, und der Kurs ist absolut ok. Ich fühle mich in Nacho´s Gegenwart sicher.

Ich überschlage nochmal unsere Finanzlage, und bin froh, dass ich in Medellin ausreichend Geld abgehoben hatte.

Aus leidlicher Erfahrung wusste ich, dass, nachdem man in Medellin in den Flieger nach Capurganá gestiegen ist, keine Möglichkeit mehr besteht irgendwo Geld abzuheben.

Also hatte ich die Kreditkarte in Medellin zwei Tage lang bis ans Limit glühen lassen.. 🙂

Wir sind gerade in einem kleinen Kiosk und ich warte auf eine weitere Wechselrate, als ich die beiden Engländer über die Straße gehen sehe. Sie sehen gestresst, enttäuscht, müde und genervt aus.. Und das in Puerto Obaldia.. Welche Überraschung. Ich gehe zu ihnen und frage wie´s läuft.. Scheisse. Es hätte alles wunderbar geklappt bis zur Hafenbehörde. Die sagten, dass sei mit dem Expressboot zu fahren hätten.

Was soll das denn? Frage ich mich und erkläre es Nacho. Er rollt sofort enttäuscht und genervt die Augen. Aber ich sehe in seinem Gesichtsausdruck auch, dass er irgendetwas genau begriffen hatte. Und..!? Sag ihnen, sie sollen denen sagen, dass sie unbedingt mit mir fahren wollen und nicht mit dem Expressboot. Ja, kannst Du denn nicht da hingehen und mit denen reden? Frage ich Nacho. Er schreckt zurück und winkt vehement mit beiden Händen ab. Auf keinen Fall. Das würde Ärger geben. Wieso habe ich den Eindruck dass ich irgendetwas nicht verstehe, aber trotzdem ahne was dahintersteckt..? Wir sind in f..cking Puerto Obaldia..

Die Engländer starten zu ihrem zweiten Versuch..

Ich bekomme mein restliches Wechselgeld gebracht und gehe mit Nacho zurück zum Boot. Ich würde gerne los. Dieses Nest hinter mir lassen. Aber wir wollen auf die Engländer warten.

Nach ca. einer halben Stunde kommen sie zurück. Zu den Gesichtsausdruck von vor ca. einer Stunde konnte ich jetzt noch den Gesichtsausdruck erkennen der Geschlagenheit widerspiegelt. Mist!!

Was haben diese Typen denn darüber zu bestimmen mit welchem Boot die Jungs fahren? Frage ich Nacho. Der winkt nur genervt ab und erklärt mir, dass sie darauf bestehen müssen.

Ich bin genervt und werde langsam sauer. In Puerto Obaldia. Mal wieder..

Ich beschließe, die beiden zur Hafenbehörde zur begleiten und bin mir in diesem Moment nicht sicher, ob das eine gute Entscheidung ist..

Als wir zu Dritt in das Büro kommen, sehe ich dort ca. 8 Personen. Die meisten sind Offizielle und haben eine Marke um den Hals baumeln.

Schon beim Betreten des Büros stürmt eine Person mit Halbschuhen, Jeans und Kurzarmhemd auf mich zu. Er begrüsst mich mit auffallend freundlichen und betont akzentfreien Englisch mit den Worten „Helo Mister. How are you?“

Diese heuchlerische Begrüßungsfloskel wird durch ein aufgesetzt freundliches Grinsen unterstrichen.

Er sieht nach dem Chef aus und weiß offensichtlich schon genau um was es geht.

Ich steige mit Spanisch ein und erkläre ihm unser Anliegen. Noch bevor er antworten kann, blafft ein Offizieller aus dem Hintergrund von seinem Schreibtisch, dass die beiden Engländer mit dem Expressboot zu fahren hätten..

Warum?

Weil es das einzige Boot nach Cartí wäre, und deutet auf einen in der Mitte sitzenden jungen Mann. Ich erkenne ihn als einen Bootfahrer wieder, der auch mich bei Ankunft in Puerto Obaldia angesprochen hat, ob ich mit ihm nach Cartí fahren wolle.

Dieser lümmelt sich auf einem Drehstuhl rum und streckt die Beine weit von sich in den Raum. Seine Daumen hat er wie ein Cowboy hinter dem Hosenbund vergraben. Dazwischen quillt ein leichter Bauch unter dem abgewetzten T-Shirt hervor. Er grinst nur und blafft in dem selben Ton, dass die Engländer mit ihm zu fahren hätten.

Alle anderen in dem Raum haben die Arme vor der Brust verschränkt und nicken nur zustimmend. Sie schauen uns herablassend an..

In diesem Moment weiß ich, dass es keine gute Idee war hierher zu kommen.

Ich spreche das Boot von Nacho an.

„Nein, nein. Das ist voll!“

Wie bitte!!? Da passen zwölf Passagiere rein. Und wir sind zu zweit.

„Nein, die müssen mit dem Expressboot fahren!“

Es kribbelt.. Bevor mir total die Hutschnur hochgeht beschließe ich die Segel zu streichen. Schließlich will ich in erster Linie diesen Ort hier verlassen und durch Kuna Yala. Und das passende Boot. Mein Pass und Gepäck sind nur wenige hundert Meter von hier startbereit..

Ich wende mich an die enttäuschten Engländer. Sie haben verstanden.

Doch bevor ich das Büro verlasse muss ich wenigstens ein bisschen Dampf ablassen.

Ich sage ihnen nur dass ich genau wüsste warum die beiden mit dem Expressboot fahren sollten. Und das sie alle kein besonders gutes Aushängeschild für ein, dem Tourismus aufgeschlossenes Panamá wären.

Sie haben es wenigsten hingenommen. Ob sie es interessiert hat sei dahingestellt. Jedenfalls musste ich das loswerden.

Haken dran. Und weg hier.

Ich verabschiede mich von den beiden Engländern und wünsche ihnen trotz dieser miesen Erfahrung noch alles Gute für die Reise. Ich sagte ihnen, dass es ab jetzt nur besser werden kann.

Dann eile ich zum Boot. Nur hier weg. Möglichst weit..

 

Nacho wundert das alles nicht.

Die Engländer waren von ihm nicht angemeldet.

Klaro, der Expressbootfahrer muss auf seine Passagierzahl kommen. Sonst lohnt sich für ihn die Fahrt nicht.

Die Entscheidung der Offiziellen wird sich für sie schon gelohnt haben..

Wir laden alles ein.

Dann legen wir ab. Nur wir fünf. Und ich denke mir: Is doch egal, wir haben eine extrem gute Zeit hinter uns. Uns erwartet eine tolle Bootstour. In einer tollen Ecke der Welt. Mit einer tollen Crew. Und wer weiß schon, wozu es gut ist, dass Kai und ich die einzigen Passagiere auf dem Boot sind.. Also los..

 

Weiter, weiter..

 

Puerto Obaldia ist auf unserer tollen Bootsfahrt -ich fahre für mein Leben gerne Boot- schnell vergessen. Schließlich muss ich da ja auch nicht mehr hin zurück. Zumindest dieses Jahr nicht mehr.. 😉

Das Meer ist glatt und das Wetter super. Was hier nicht immer eine Selbstverständlichkeit ist.

Wir kommen gut voran.

 

Nacho erklärt uns, dass er uns noch zwei traditionelle Kuna Dörfer zeigen will. Dort hat er Verwandtschaft und gute Freunde.

Diese Dörfer seien, wie Armila, noch in dem Kuna-Gebiet, wo sich keine Touristen hin verirren.

 

Na dann mal zu.. Wir sind bereit..

Ich lehne mich zurück und genieße die Fahrt. Jesus und Lomberto machen das super. Sie sind ein eingespieltes Team.

Nacho liegt ebenfalls entspannt zurückgelehnt und schaut aufs Meer.

Ich sehe in seinem Gesicht, dass er zufrieden ist und es scheint, dass ihn diese Reise freut. Das wiederum freut mich.

 

Nach nicht allzu langer Fahrt erreichen wir den Ort Anachuncuna. Auch hier gibt es keinen Anleger.

Lomberto steuert das Boot nach der Anweisung von Jesus an den Strand.

Es ist viel los in diesem Ort. Ich sehe auch einige Seylas. Den ein oder anderen erkenne ich aus Armila wieder.

Nacho erklärt uns, dass all diese Menschen zu einer Beerdigung gekommen seien.

Ein Seyla ist gestorben, und alle Angereisten erweisen ihm bei der Trauerzeremonie die letzte Ehre. Huh, denke ich. Hoffentlich stören wir da niemanden. Darauf war ich ja überhaupt nicht vorbereitet. Wie verhalte ich mich bloß…?

Ach, ich schüttle die Gedanken ab. Wir haben ja schließlich Nacho. Der wird uns schon sagen was wir zu tun und zu lassen haben.

Wir schlendern durch das Dorf und begrüssen die Menschen freundlich mit „Nuedi!“ – „Hallo!“ 🙂

Dann kommen wir zu einer Hütte die aus Stein gebaut ist. Dort wohnt Nacho´s Bruder der auch gleich hinauskommt, uns freundlich begrüsst und uns in seine Hütte bittet.

Dort angekommen holt er uns Stühle, stellt sie mitten in den Raum und bittet uns Platz zunehmen.

Mir fällt als erstes ein Konstrukt an der Wand auf. Es sind unzählige gleichartige leere Plastikflaschen. Alle Flaschen sind mit kleinen Löchern versehen durch sie Seile gezogen wurden, um sie alle miteinander zu verbinden.

Was ist das denn…? Es sieht aus wie eine Wand an der Wand.

Dann fällt mir auf, dass Nacho´s Bruder uns die Stühle nicht einfach so mitten in den Raum gestellt hat. Nein, wir sitzen alle, nicht zufällig, in einem leichten Halbkreis mit Blick auf diese Wand. Es war pure Absicht wie diese Stühle gestellt wurden. Aber warum..?

Aber Nacho hatte die Lösung. Völlig ehrfurchtsvoll bekundete er, mehr in den Raum als zu seinem Bruder auf Spanisch:

„Aahhh, das ist also DEIN Recyclingprojekt..!?“ Ich verstand.. Kai nicht.. „Matzke, was ist das? Irgendwie so eine Bade-Luftmatratze..?“

Oh Gott, jetzt bloß nicht loslachen und ernst bleiben…

Das viel mir umso schwerer, weil es in dem Raum totenstill wurde. Nacho starrte völlig gebannt auf diese Wand, währen sein Bruder, überschäumend vor Stolz, in seinem Stuhl saß, ebenfalls schweigend auf diese Wand schaute und dabei freudig zufrieden nickte…

Nach einer gefühlten Ewigkeit bekundete Nacho erneut völlig andächtig: „Eine wirklich wahnsinnig tolle Idee für ein Recyclingprojekt!!“

Wir schauten weiter auf die Wand. Bis sich der Bruder von Nacho erhob, strahlend in einem Nebenzimmer verschwand, um kurz darauf mit einer weiteren Flaschenwand den Raum zu betreten. Auch diese wurde uns stolz präsentiert.

Nacho war sprachlos und beglückwünschte seinen Bruder zu so einer unglaublichen Raffinesse.

 

Wir wechselten noch ein paar Worte und schlenderten dann weiter durch das Dorf.

Nacho´s Bruder verabschiedete uns freundlich, wünschte uns eine tolle Reise, und wir sollten doch bald wieder kommen.

Mir ging allerdings diese Flaschenwand nicht aus dem Kopf. Ich musste wieder an diesen ganzen Müll denken.

Dann dachte ich mir, hey, was für uns selbstverständlich ist, muss es woanders noch lange nicht sein.

Diesen Menschen hat man einfach noch nichts über Recycling-Methoden erzählt. Über die Möglichkeiten, die Notwendigkeit und dessen Sinn. Woher sollen sie es wissen.

Ich habe Orte in Lateinamerika gesehen, da waren die Menschen sehr wohl über Recycling aufgeklärt und hatten auch entsprechende Möglichkeiten. Aber da wurde nichts daraus gemacht. Es sah grausig aus und die Leute kümmerte es nicht.

Umso mehr verdienen Nacho und sein Bruder den Respekt für ihre Ideen, ihr Engagement und ihren Kampf für das Ziel andere Menschen ebenfalls dazu zu bewegen und das Müllproblem in den Griff zu bekommen. Es muss immer jemand anfangen.

Und schon hatte ich ein schlechtes Gewissen und fühlte mich eingebildet weil ich mich eben gedanklich darüber lustig gemacht habe..

Aber, ich beabsichtigte an diesem Thema dran zu bleiben.

 

Wir schlenderten weiter durch das Dorf und mir fielen zunehmend mehr Personen in den kleinen Straßen auf, die eine kleine Mahlzeit zu sich nahmen.

Alle aßen das selbe. Eine kleine Schüssel mit Nudeln und Reis. Was sollte das?

Bis wir an einer recht großen Bambushütte ankamen. Ich kannte diese Art der Hütten aus Armila.

Sie wurden für öffentliche Veranstaltungen oder Versammlungen der Indianer genutzt.

Wir blieben kurz vor der Hütte stehen, und Nacho sprach zu einigen Dorfbewohnern.

Dann wendete er sich mit ernster Miene zu uns, und erklärte, dass in dieser Hütte die Totenzeremonie des Verstorbenen stattfände. Also war das in diesen Schalen der Leichenschmaus..

Nacho sagte, wir (und damit meinte er Kai und mich) hätten die Erlaubnis dort einzutreten und dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Wir sollten einfach hinter ihm hergehen, und tun was er tut.

Letzteres hätte er mir nicht sagen müssen.. Wir waren auf diese Situation völlig unvorbereitet.

Natürlich sollten wir an diesem Ort nicht filmen. Aber auf diese Idee wären wir auch nicht gekommen. Aus Respekt vor allen Beteiligten starteten wir auch keinen Versuch.

 

In der Hütte war es dunkel. Die Luft war mit Rauch und Petroleumdampf erfüllt.

In der Mitte der Hütte hing eine Hängematte. Darin befand sich der Leichnam des alten Seyla.

Dieser war für diese Verhältnisse vornehm gekleidet wie man das Erscheinungsbild von den Seylas kennt.

Stoffhose, ein Hemd und Hut.

Geschmückt war der Leichnam mit unzähligen Blumen. Teilweise ineinander verflochten.

Um die Hängematte herum saßen ca. ei Dutzend Personen. Hauptsächlich Frauen.

Viele saßen schweigend da, teilweise den Kopf traurig an den Nachbar gelehnt. Andere weinten.

Ich folgte Nacho in einen hinteren Teil der Hütte auf einfache Holzbänke.

Darauf standen die Schalen mit dem Essen. Wir hielten uns ca. 15 Minuten in der Hütte auf und aßen unsere Schale leer.

Dann standen wir bedächtig auf und gingen Richtung Ausgang. Ich wußte nicht so richtig was ich tun sollte.

Mein Beileid wünschen..? Werde ich hier überhaupt verstanden..? Nacho ging zu dem Verstorbenen und redete einige Worte. Er sprach auf Spanisch und ich hatte den Eindruck, er tat dies um uns verstehen zu lassen welche Worte er wählte..

Er verabschiedete sich und lobte den Verdienst des alten Seylas. Später erklärte er mir, dass mit diesem Seyla eine große Bibliothek beerdigt werden würde. Anfangs verstand ich nicht. Nacho meinte das Wissen des Alten. Dieser wäre in dem Bereich der Naturmedizin und Naturheilkunde sehr gelehrt gewesen.

 

Wir traten aus der dunklen Hütte in das helle Sonnenlicht nach draußen. Ich war von dieser bizarren Situation noch wie benebelt.

Wir verabschiedeten uns von allen und schlenderten noch etwas durch das Dorf. Vereinzelt gelangen uns noch ein paar Aufnahmen. Dann ging´s zurück zum Boot.

 

Unser nächstes Ziel wäre ein weiteres Kuna-Dorf mit dem Namen Carreto. Auch dieses Dorf wäre ein sehr traditionelles Kuna-Dorf.

Ich freute mich schon, und genoss die weitere Bootsfahrt. Dann dachte ich mir, wer weiß wozu das gut war, dass uns die beiden Engländer nicht begleiten konnten.

Schließlich ist das Auftreten von zwei Europäern, welche Nacho persönlich bekannt sind, ein anderes Auftreten als von Vieren.. Vielleicht hätten wir gar nicht die Möglichkeit gehabt auch hier nochmal so tief in die Kultur der Indianer einzusteigen.

 

Carreto ist den beiden anderen, uns bekannten, Kuna Dörfern ganz ähnlich.

Eine Sache ist uns aber gleich nach der Landung am Strand aufgefallen.

Auf einem kleinen Berg im Dschungel über dem Dorf befand sich ein kleines weiters Dorf. Augenscheinlich gehörte es zu dem eigentlichen Ort Carreto, war aber durch seine exponierte Lage wohl nur sehr schwer zu erreichen.

Ich fragte Nacho, was es denn mit dieser kleinen Ortschaft aus Bambushütten auf sich hätte.

Dies sei kein kleines Dorf, erklärte er mir. Sondern der Friedhof von Carreto.

Dort werden die Toten, ausgestattet mit Verpflegung und sonstigen Gebrauchsutensilien für das Leben nach dem Tod, verbracht.

Wow, das war uns neu.

Als könne Nacho meine Gedanken lesen, fügte er hinzu, dass dies ein sehr heiliger Ort wäre, und das Betreten strengstens verboten sei. Ok.

Wir gingen weiter durch das Dorf, und Nacho grüßte vereinzelt einige Bekannte. Wenn ich genau überlege, kannte er glaube ich jeden.. So wie in ganz Kuna Yala..;-)

Unterwegs erklärt mir Nacho freudig, dass wir einen Fahrgast mit an Bord nehmen würden, und sich unser Gesamtpreis somit etwas reduzieren würde. Obwohl es mir inzwischen nicht mehr so wichtig war, freute ich mich trotzdem. Denn unser Gast sollte ein Kuna-Indianer sein, der zu dem bereits erwähnten Tanzfest in Cartí wollte. Er würde dort mit einer Gruppe im Wettbewerb antreten.

Schließlich kamen wir bei einer Bambus-Umzäunung zu einem Grundstück mit mehreren Hütten an. Wir wurden hineingebeten.

Die Atmosphäre war locker. Irgendwie hatte ich den Eindruck, als hätten wir unseren Bekanntheitsgrad aus Armila mitgenommen, und die Leute wären weniger zurückhaltend uns gegenüber. vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, und wir haben ein sicheres Auftreten. Wo es aber geht,unterstützt uns Nacho bei der Herstellung von Kontakten zu den Indianern.

Aber auch deren Interesse ist groß. Wir finden schnell in Gespräche. Toll. Nacho signalisiert uns nach einigen Minuten, dass wir unsere Kameras auspacken können. Kai filmt drauf los, und uns gelingen wieder ein paar tolle Aufnahmen.

In ausgehöhlten Baumstämmen sind Kakaobohnen zum Trockenen ausgelegt und man erklärt uns deren Weiterverarbeitung.

Eine der spannendsten Aufnahmen gingt uns allerdings, als wir eine ältere Kuna-Dame bei ihrem Handwerk filmen dürfen. Sie sitze im Eingang einer Bambushütte und fertigt in geduldiger Handarbeit ein Mola. Der traditionelle Kleidungsschmuck der Kuna, über den ich bereits geschrieben habe.

Aber dann kam´s. Nachdem sich Nacho mit einer Dame unterhalten hat, sagte er uns, dass die Dame gerne ein Foto von ihrem kleinen Kind gemacht hätte.

Das Foto sollten wir dann Nacho auf seine E-Mail Adresse nach Panamá-Stadt schicken, wo er es ausdrucken, und dieser Frau dann mitbringen würde.

Ok, klaro. Gerne.

Die Frau trug das kleine Kind aus der Hütte. Als es uns mit diesen schwarzen Geräten in den Händen sah guckte es schon völlig verängstigt und fragend.

Dann wurde es auf einen Stuhl gesetzt und der Blick des kleinen Kindes verwandelte sich in einen panischen Gesichtsausdruck. Oh Gott, was tu ich hier fragte ich mich und Nacho signalisierte mir zu fotografieren.

Als ich die Kamera anhob, und das Kind mich damit sah, fing es aus vollem Herzen an zu schreien. Alle anderen Erwachsenen lachten.

Ich nahm die Kamera runter und versuchte es nach kurzer Zeit erneut. Es wurde noch schlimmer..

Ich konnte das nicht.

Ich signalisierte Nacho, dass er die Kamera nehmen, und diesen Job übernehmen solle.

Als er es geschafft hatte, fiel mir ein Stein vom Herzen und aus einer anderen Hütte wurde ein weiteres Kind gebracht.. ..

 

Kai, der ja professioneller Filmer ist, gelang es die gesamte Situation versteckt aus einiger Entfernung zu filmen..

Na wenigstens etwas.

Als alles vorüber war wurde mir durch die gute Stimmung aller Beteiligten signalisiert, dass alles wohl doch gut gelaufen sein muss.

Kurz verabschiedeten wir uns und machten uns auf den Weg zum Boot.

 

Es war noch früher Vormittag, als wir zu unserer längsten Etappe aufbrachen. Mit einem Passagier mehr, und weiteren kulturellen Eindrücken ging es an Bord und weiter in Richtung Kuna Yala..

 

Welche Europäer waren zuerst in diesem Teil der Erde gelandet..? Die Spanier..? Nein! Es waren Wiki und die Starken Männer:-) Nacho wollte uns unbedingt diesen historisch bedeutsamen Ort zeigen. Er lag praktisch auf dem Weg.

Und zwar fuhren wir zu einer künstlich angelegten Einfahrt vom Meer in den Dschungel.

Zwischen den Mangroven konnte man tatsächlich noch einen, in das Korallengestein eingeschlagenen kleinen Wasserweg erkennen. Dort sollten vor ca. 1000 Jahren das erstmal die Wikinger das mittelamerikanische Festland betreten haben. Ok, etwas Geschichtsunterricht für uns am Rande.

 

Weiter ging´s.

Unser nächster Stop war Caledonia. Dort gab´s einen Funkmast und wir konnten via Handy nach einigen Tagen erstmals wieder ein Lebenszeichen von uns nach Hause schicken..

Und irgendwie stellte ich schon jetzt fest, dass sich das Klima etwas änderte. Der Himmel sah nicht mehr ganz so regnerisch aus, und es war auch nicht mehr ganz so schwül. Dafür brannte die Sonne. Es war auch inzwischen gegen Mittag.

Nacho meinte, wir müssten ganz in der Nähe noch einmal Sprit kaufen, noch eine kleine Ecke fahren und dann würden wir zu Mittag essen. Er würde da eine nette Bar kennen. Da bestünde auch die Möglichkeit ein kaltes Bier zu trinken.

Oh toll, da hatte ich ja fast gar nicht mehr drauf gehofft. Die letzten vier Tage in Armila gab es wegen dem Seyla-Treffen kein Bier. Ausserdem waren wir da irgendwie so sehr beschäftigt und fertig, dass wir keine Gelegenheit hatten einen Gedanken daran zu verschwenden.

Toll:-) Essen und ein kühles Bierchen. Ich genoss unsere Fahrt immer mehr..

Die Nächste Aktion war das Füllen unseres Benzinfasses an Board. Das war eine abenteuerliche Geschichte.

Also es gibt hier ja keine Tankstellen wie man sie bei uns kennt.

Zahlreiche Privatpersonen versuchen sich durch den Verkauf von Benzin etwas dazu zu verdienen.

Diese Personen bunkern den Treibstoff zu Hause. Das geht von ein paar Flaschen in der Küche über ein paar Kanister in einem Nebenzimmer bis hin zu einem großen Bretterschuppen mit Wellblechdach, in dem Fässer mit Benzin gelagert werden.

Letzteres sollte unserer Versorgung dienen.

Nacho meinte, dort würde man für das Geld am meisten bekommen. Nachdem ich kennengelernt hatte, wie gut Nacho in dieser Gegend vernetzt ist zweifelte ich keine Sekunde daran.

Wir legten an einem Bootssteg an und ich gab Nacho den vereinbarten Betrag für diese zwei Tage. Davon wollte er das Benzin kaufen.

Als ich ihm das Geld ausgehändigt hatte, lachte er nur und rief:

„Graaciaas Mattiass, bye bye!!“ Mit diesen Worten drehte er sich um, und ging mit dem Geld in Richtung Dorf.

Wie witzig er war;-)

Ich rief ihm nur hinterher wie dankbar ich wäre über diesen relativ günstigen Preis, ein so gutes Boot mit zwei Motoren zu bekommen. Hhhmm..!? Wir verstanden uns.

Zwar nur ein kleiner Scherz am Rande, aber ich freute mich darüber, weil er irgendwie verdeutlichte, dass er unser Vertrauensverhältnis, welches eh schon super war, weiter festigte.

 

Trotzdem wollte ich mir mal diesen Einkauf unseres Benzins anschauen.

Ich folgte Nacho in einen großen Bretterschuppen.

Noch bevor ich den Schuppen sehen konnte, roch ich ihn. Es stank enorm nach Benzin.

Schließlich gingen wir hinein.

Der Schuppen war bis unter das Dach vollgestapelt mit gefüllten Benzinfässern.

Nacho war bereits am verhandeln. Ich fragte mich nur, warum die hier drinnen verhandeln.. Bei diesem Gestank kann es doch nur eine Frage der Zeit sein, bis man in diesem Schuppen ohnmächtig wird..

Als dann angefangen wurde das Benzin auf abenteuerliche Weise von großen Fässern in etwas kleiner Kanister umzufüllen, beschloss ich den Schuppen zu verlassen. Irgendwie sah das alles nicht so vertrauenserweckend aus.

Vor dem Schuppen allerdings sagte ich mir, dass es eigentlich egal wäre hier, oder in dem Schuppen zu stehen. Denn wenn bei diesen Dämpfen und dieser riesigen Menge an Sprit, sich hier irgendetwas entzündet, dann explodiert doch bestimmt der gesamte Ort..!? Ich ging zurück zum Boot..

Die Kanister wurden zum Boot gebracht, und in einer weiteren Betankungs-Aktion deren Inhalt in das Benzinfass, welches die beiden Bootsmotoren versorgt, umgefüllt.

 

Als das dann doch alles, ohne eine Explosion erleben zu müssen, vorüber war, ging es weiter.

Der nächste Stop sollte zum Mittagessen im nahegelegenen Mulatupo sein.

 

In Mulatupo gab´s dann auch tatsächlich das erste kalte Bier nach ein paar Tagen. Das hat bei dieser Hitze so gut geschmeckt. Zum Mittagessen gab es Krabbenfleisch mit Reis, Kochbananen und Salat. Auch lecker.

Zugenommen haben wir das alles in einem kleinen einfachen Restaurant am Meer. Und wie sollte es anders sein. Freunde von Nacho. Ich fragte mich, ob es in ganz Kuna Yala irgendwen gab, der Nacho nicht kannte..

Was mir in diesem kleinen Restaurant noch besonders aufgefallen ist, waren die vielen schönen Molas an der Wand. Perfekter Ort. Noch immer befanden wir uns in einer Gegend, wo sich außer uns kein Tourist hin verirrte.

Dann ging es gut gelaunt weiter. Inzwischen war es schon Nachmittag und wir hatten noch ein gutes Stück Fahrt vor uns.

Aber die Überfahrt war toll. Die Sonne senkte sich langsam in Richtung Horizont und das Meer war spiegelglatt.

Und plötzlich tauchten dann noch Delfine neben unseren Boot auf und begleiteten uns lange genug, dass Kai ein paar gute Aufnahmen von ihnen machen konnte.

 

Zwischendurch mussten wir noch einmal Sprit aufnehmen.

In einem weiteren kleinen Ort wollte Nacho noch einen Verwandten besuchen. Der sollte uns dann auch noch mit seiner Ehefrau und Kind begleiten. Supernette Menschen.

Als wir von dort ablegten, war es bereits früher Abend und die Sonne ging langsam unter.

Nacho meinte wir hätten noch ca. eine Stunde bis Ustupo zu fahren. Dort wollten wir die Nacht verbringen.

Knappes Ding, dachte ich mir nur. Ich hab an verschieden Stellen gesehen wie flach das Wasser war, und wie genau Jesus Lomberto Anweisungen geben musste, um nicht auf Korallen aufzulaufen. Wie sollte das im dunkeln funktionieren..?

Das klappt schon, meinte Nacho nur völlig entspannt. Ok.

 

Mit dem restlichen Fitzelchen Licht erreichten wir dann Ustupo. Als wir langsam an einen kleinen Anleger heranfuhren war es bereits dunkel.

Plötzlich erstrahlte ein starker Suchscheinwerfer und nahm uns genau ins Visier.

Lomberto steuerte das Boot langsam in Richtung des Scheinwerfers, welcher uns permanent in seinem Lichtkegel hatte.

Als wir näher kamen, erkannte ich bewaffnetes Militär am Ufer.

Wir sollten kontrolliert werden. Nacho erlärte uns, dass jedes einlaufende Boot nach Sonnenuntergang kontrolliert werden würde. Reine Routine. Nacho erklärte alles geduldig. Dann durften wir weiterfahren.

Weiterfahren? Es war bereits stockdunkel..

Aber es ging nicht weiter als einen halben Kilometer. Lomberto steuerte das Boot langsam aber sicher durch das seichte Gewässer bis wir ein Holzhaus direkt am Wasser erreichten.

Freunde von Nacho.

Es gab ein kleines Restaurant und zwei Gästezimmer. Unter einem Holzdach hingen Hängematten. Dort wollte der Rest der Besatzung und Gäste schlafen.

Zuerst dachte ich mir, toll, Hängematte. Da schlaf ich auch. In diesem warmen Wetter ist mir so etwas lieber als eine durchgelegene Matratze..

Aber dann hörte ich von Kai ein lautes „Klatsch!!“ Moskitos..

Also doch lieber Bett mit Moskitonetz.

Wir haben noch eine Kleinigkeit zu Abend gegessen. Dann verlagerten wir unsere Runde in ein Pavillon direkt über dem Wasser und unterhielten uns bei einer Dose Bier alle gemeinsam über den Tag und unsere Tour.

Kai war immer noch etwas angeschlagen und hatte irgendwie Pech mit den Moskitos. Innerhalb kürzester Zeit hatten die beschlossen ein Festmahl auf ihm abzuhalten.

Er beschloss sich schonmal ins Bett zu legen.

Ich allerdings dachte überhaupt nicht ans Bett..

Ich war unterwegs. In einer extrem schönen und abenteuerlichen Gegend dieser Welt, und saß bei einer kalten Dose Bier mit einer extrem spannenden Runde der Kuna zusammen. Toll. Das ist Traveln.

Die Runde bestand aus unserer Besatzung, Nacho, Jesus und Lomberto. Die mochte ich eh alle.

Dann war da noch der Gast aus Carreto, Eban, und die Verwandtschaft von Nacho. Alles wundervolle Menschen.

Wir saßen an diesem Abend noch wirklich lange zusammen. Und ich hatte den Eindruck, dass sich alle Beteiligten dieser Gruppe über die kulturelle Vielfalt dieser Runde freuten. Natürlich war ich der einzige Europäer. Aber ich merkte, dass es auch für die Kuna etwas Besonderes und Spannendes war zusammen zu sitzen. Für mich ja sowieso:-)

Wir erzählten uns gegenseitig so viel. Stellten Fragen und lachten über Witze.

Mir wurde viel über die Kultur der Kuna erzählt. Ich tauschte mich sehr viel mit Nacho aus. Dieser bedankte sich sogar irgendwann bei mir, dass ich mit ihnen diesen Abend verbringen würde und sagte mir, wie sehr er das genießen würde.

Dabei hatte ich das Gefühl als müsse ich Danke sagen.

Dieser Abend, der eigentlich gar nichts extrem Aufregendes hatte, sollte sich aber für mich als einer der nachhaltigsten Abende dieses Trips in meine Erinnerungen brennen.

 

Bevor ich extrem zufrieden ins Bett gegangen bin, hab ich dann noch versucht mein Moskitonetz aufzuhängen. Diese Aktion allerdings stellte sich als gar nicht so einfach heraus. Die Matratze schaukelte wie eine Luftmatratze auf dem Wasser. Die Bierchen des Abends trugen ihr Übriges zu der Anstrengung dieser Operation bei..;-)

 

Mit Sonnenaufgang ging es am nächsten Morgen auch schon wieder aus dem Bett.

Das Wetter war perfekt, und die aufgehende Sonne tauchte unsere Unterkunft in ein extrem schönes Licht.

Schon war die Laune wieder super.

Kai erzählte mir dass er auch gut geschlafen hätte. Bis es irgendwann aus meinem Zimmer laut gerumpelt hätte.. Dieses Moskitonetz..

 

Nach einem noch verschlafenen Frühstück beluden wir wieder das Boot. Hierbei deutete Nacho noch auf ein vom Meer abgetrenntes kleines Becken.

In diesem Becken befanden sich Meeresschildkröten. Die waren noch nicht ausgewachsen.

Nacho erklärte mir, dass sie hier gehalten würden, bis sie groß genug wären um sich im Meer alleine zurecht zu finden. 48 Stück hätte sein Freund hier schon in die Freiheit entlassen.

 

Dann waren wir schon wieder unterwegs.

Wir mussten gar nicht so lange fahren bis wir die winzige Insel Tigre erreichten.

Diese Insel war nur etwas größer als ein Fussballfeld.

Ich bin sofort auf eine kleine Erkundungstour gegangen.

Rundherum weißer Strand und türkises Wasser. An einem Strandteil standen drei kleine Hütten direkt am Wasser. Das muss auch nicht so schlecht sein dort ein paar Tage zu verbringen.

Vor unserer Abfahrt erklärte ich Nacho noch, dass wir nach dieser ganzen Arbeit auch gerne mal auf einer kleinen Insel Urlaub machen wollten. Es sollte schön sein. So wie man es sich vorstellt.

Mit weißem Sand, Kokosnussbäumen und türkisen Wasser. Ja ja, kein Problem. Meinte er. Er kennt eine ganze Menge. Wir wollten uns überraschen lassen. Und obwohl ich ihm in dieser Sache ganz vertraute, war ich mir nicht so sicher was uns erwarten sollte. Schließlich weiß ich, dass unsere Vorstellungen von einer „Trauminsel“ sich extrem von den Vorstellungen einer solchen Insel unterscheiden können. Gerade dann, wenn man dort lebt..

Aber Nacho sollte es mal wieder perfekt hinbekommen. Dazu später aber mehr.

Bis dahin fand ich die Insel Tigre schonmal nicht schlecht..

Wir trafen noch eine ganze Gruppe von Tänzern die gerne nach Cartí zu dem Event wollten. Man, das musste ja eine tolle Veranstaltung werden.

Und da wir eh dort hin wollten, und wir noch eine Menge Platz in unserem Boot hatten, haben wir ihnen kurzerhand angeboten doch einfach in unserem Boot mit zu fahren.

Und schon ging es, jetzt mit einem vollen Boot weiter.

 

Das Küstengebiet hatte sich inzwischen etwas verändert. Egal wo man hinschaute konnte man winzige Inselchen sehen. Alle sahen gleich aus. Klein, Kokosnusspalmen und einen Ring aus weißen Sand drumherum.

Das Wasser schimmerte türkis. Wie im Paradis.

Die meisten dieser Inselchen waren nicht bewohnt. Einige bestanden lediglich aus einer Hand voll Palmen und waren nicht größer als ein Wohnzimmer.

Auf anderen konnte ich vereinzelt Cabanas erkennen. So schön wie dies alles war, bedeutete dies allerdings auch, das wir uns jetzt langsam in dem touristisch erschlosseneren Gebiet von Kuna Yala befanden.

Unterwegs mussten wir noch einmal Tanken bevor es zur letzten Etappe ging.

Hierbei konnte ich mal wieder Zeuge von Nacho´s Bemühungen werden das Müllproblem in den Griff zu bekommen..

Ich beobachtete eine Kuna als sie gerade eine leeres Tütchen Kekse vom Boot in das Meer entsorgen wollte. Schon war Nacho zur Stelle, fischte das Tütchen aus dem Meer und hielt der Dame einen Vortrag auf Kuna. Den Inhalt dieses Vortrages konnte ich trotzdem erahnen.. Hoffentlich ist das mal kein Kampf gegen Windmühlen. Ich nahm mir allerdings vor ihn dabei zu unterstützen wo es nur geht..

Weiter ging´s..

Und so sehr ich Boot-Fahren liebe, freute ich mich nach den zwei Tagen im Boot jetzt doch auf die Insel zu der Nacho uns bringen wollte.

 

Und mit dieser Insel fange ich im nächsten Teil an zu schreiben. Denn die ist etwas ganz Besonderes.. :-))

..

Wir cruisen also mit unserem Boot durch die Inselwelt der San Blas Inseln..

Ich nutze ab jetzt aber wieder den Begriff „Guna Yala“. Das ist der eigentliche Begriff den die Kuna-Indianer ihrem Land geben.

Der Ausdruck San Blas rührt noch aus der Zeit der Kolonialisierung.

 

 

Wir können uns gar nicht satt genug sehen an dem schönen Anblick der Inselwelt.

Eine Insel ist schöner als die andere..

 

Man kennt diese Fototapeten von früher. Diese kleinen Trauminselchen.. Hier sind sie..

 

Sie scheinen nicht nur vom Boot aus perfekt. Sie sind es tatsächlich wie wir in Kürze erfahren.

 

Die Spannung steigt ins Grenzenlose. Wo wird Nacho uns hinbringen..? Wird die Insel wirklich so schön sein..?

 

Nacho deutet auf eine Insel. Wow!!!

Winzig klein, Kokosnussbäume, weißer Sandstrand, überhängende Palmen und ein traumhaftes Wasser.

Zwischendrin sehe ich kleine, sehr gemütlich aussehende Holzhäuschen..

Ein Traum.

„Ist das die Insel?“ ..frage ich Nacho.

Nein!!

Hhhmm. Schade.

 

Ich kenne noch mehr.

Ich bringe Euch zu einer anderen. Dem Besitzer vertraue ich am meisten. Der ist ein Freund von mir.. Na klar..

Egal, hier sieht jede Insel wie die Verkörperung des absoluten Südsee-Traumes aus. Nacho wird es schon richten.

 

Dann, kurze Zeit später scheint es aber doch soweit zu sein.. Wir steuern auf eine kleine Insel zu. Nicht größer als ein Fußballfeld.

Lomberto lenkt das Boot geschickt durch das seichte türkise Wasser in Richtung Strand.

Unter dem Rumpf erkenne ich ein Meer aus unzähligen Korallen in allen Farben und Formen.

Als wir uns dem weißen Sandstrand nähern, erwarten uns dort schon zwei Personen, die uns kurz darauf beim anlegen helfen.

Wir werden freundlich begrüsst.

An eine Kokosnusspalme ist ein einfaches Holzbrett genagelt.

„Bienvenidos a Isla Iguana!“

So heißt also unsere Insel. Leguan-Insel.

Man hilft uns das Gepäck abzuladen.

Juuhuuu!! Südseetraum, wir sind daaaaa!! 🙂

Nacho begleitet uns zur Rezeption, die in einem kleinen Restaurant integriert ist. Das Restaurent besteht lediglich aus einer offenen Holzhütte mit einer Handvoll kleiner Tische.

Dann verabschieden wir uns von Nacho, Jesus und Lomberto. Sie wollen die Indianer in das nahegelegene Cartí bringen.

Eigentlich ist hier jetzt unser Vertrag mit Nacho beendet. Er verspricht uns aber uns am Folgetag mit dem Boot abzuholen.

Wir wollten dann über Cartí weiter nach Panamá-Stadt.

Nacho sagte, dass er aber heute eventuell nochmal vorbeischauen würde.

Das wäre aber toll, sage ich ihm. Als er gerade dabei ist abzulegen, rufe ich ihm noch zu, dass ich mich freuen würde mit ihm noch ein Bierchen zu trinken, sollte er heute nochmal auf diese Insel kommen.

Lomberto dreht den Motor hoch und ich höre gerade noch wie Nacho mir zu ruft, dass er unter solchen tollen Aussichten auf jeden Fall nochmal vorbei kommen werde.. 😉

 

Das war irgendwie ein komisches Gefühl. Da stehe ich am Strand. Auf einer wunderschönen Trauminsel. Aber als ich dem Boot hinterherschaue bin ich schon ein bisschen traurig.

Da haben wir eine Woche mit den Indianern verbracht, wahnsinnige Eindrücke gesammelt und tolle Menschen kennengelernt.

Ich war mir nicht so sicher, ob Nacho heute tatsächlich nochmal zurückkommen würde.

Sollte es das jetzt schon gewesen sein..? Hhhmm..

Naja, wenigstens würden wir die drei morgen auf dem Weg nach Cartí nochmal sehen.

Also freuten wir uns erstmal über diese wahnsinnig schöne Insel. Die wollte ich auch sofort erforschen. Was maximal 10 Minuten dauern würde..

Diese kleine Insel ist extrem übersichtlich. Am Strand entlang stehen kleine Bamushütten mit Palmblattdach.

Dann ist da noch das kleine Restaurant. In der Mitte der Insel. Also nicht weiter als 50 Meter entfernt kann ich eine winzige Bar erkennen. Ha, perfekt.

Etwas am anderen Ende der Insel stehen zwei winzige Steinhäuschen. Die Gemeinschaftstoilette und die Gemeinschaftsdusche.

Aber so wie ich das hier so erkenne, sind wir die einzige Gemeinschaft.

Da ist noch der Besitzer, ein Freund von Nacho. Ebenfalls ein Kuna. Und die zwei Personen, die wir bereits am Strand getroffen haben. einer von beiden ist sogar auch aus Armila.

 

Wir werden gefragt, welche Hütte wir denn beziehen wollen. Schwere Frage. Alle sehen so gemütlich aus.

Zuerst schauen wir uns eine kleine, etwas neuere Holzhütte an. Entscheiden uns dann aber für eine altmodische Bambushütte. Irgendwie finde ich die gemütlicher. Außerdem haben diese Hütten einen riesigen Vorteil. Zwischen den Bambusstäben weht ständig eine leichte milde Prise vom Meer hindurch. Eine natürliche Klimaanlage so zu sagen.

In der Hütte stehen lediglich zwei Betten. Kai sucht vergeblich ein Moskitonetz. Wir fragen nach. Das würden wir nicht brauchen. Es gäbe hier keine Moskitos. Das wär ja was..

und tatsächlich. Wo sollen die auch herkommen..? Das einzige Süßwasser auf der Insel befindet sich in geschlossenen Tanks über der Toilette und Dusche. Gebüsch gibt es keins.

Das macht dieses kleine Paradies noch perfekter.

Dann geht´s erstmal baden.

Das Wasser hat Badewannentemperatur. Wir sind begeistert.

Dann gibt´s Mittagessen. Frischer Fisch.

Für den Abend wünschen wir uns Languste. Alle drei Mahlzeiten sind in dem Übernachtungspreis inbegriffen.

Einpaar Meter im Wasser entdecke ich einen kleine, ca. 1×1 Meter, aus Ästen gebaute Umzäunung.

Darin schwimmen die Langusten. Also auch ganz frisch.

 

Nach dem leckeren Mittagessen wird wieder entspannt. Ich knote meine Hängematte zwischen zwei Kokosnussbäume und halte erstmal Mittagsschlaf.

So verbringen wir den Nachmittag. Essen, Ausruhen, Baden. Zwischendurch geht nochmal ein kurzer tropischer Regen runter.

Dann wird es langsam Abend.

Am bin gerade noch ein bisschen im Meer am planschen und freue mich schon auf das Abendessen, als ich ein Boot auf die Insel zusteuern sehe. Das Boot sieht aus wie Nacho´s. Er hält also sein versprechen.

Als sie näher kommen sehe die Drei, wie sie uns freudig zuwinken.

Wir helfen ihnen das Boot am Strand festzumachen.

Wir begrüßen uns, als hätten wir uns ewig nicht gesehen. Und ich merke, dass sich alle drei riesig freuen uns zu sehen. Auch wir freuen uns. Und als wir alle merken, dass sich jeder freut den anderen zu sehen, freuen wir uns alle noch mehr. Sehr freudig.. ;-))

Nacho erklärt mir auch sofort, dass sie ebenfalls auf der Insel übernachten wollten. In Cartí hätten sie sich unterhalten und beschlossen uns unbedingt wiedersehen zu wollen.

In dem Moment weiß ich, dass wir in dieser Ecke der Welt tatsächlich neue Freunde gewonnen haben.

Wir verlagern zum Restaurant und feiern die Ankunft erstmal bei einem Begrüßungsbierchen.

Wir erzählen uns viel. Nacho will natürlich wissen ob uns die Insel gefällt, und ob sie so ist wie wir es uns vorgestellt haben.

Ich erkläre ihm, dass wir begeistert sind. Das wir von unserer Gesamten zeit mit den Indianern extrem begeistert wären. Ich merke wie wichtig ihm diese Information ist. Er ist glücklich.

Für ihn war diese ganze Tour ja auch ein Job. Jetzt wolle er mit uns nur noch Zeit als Freund verbringen.

Und obwohl wir schon ein tolles Verhältnis in den letzten Tagen aufgebaut hatten, merke ich, dass es ab diesem Zeitpunkt nochmal etwas ganz besonderes ist.

In den folgenden Gesprächen mit Nacho sprechen wir über die unsere Idee Touren, wie wir sie gemacht haben, für kleine Gruppen zu organisieren. Ich stelle fest, dass sich Nacho darüber schon viele Gedanken gemacht hat, und sehr interessiert ist mit uns so ein Projekt zu verwirklichen. Ich auch..

 

Nach dem Abendessen sitzen wir noch lange zusammen, unterhalten uns, erzählen Witze und haben Spaß.

 

Dann geht es schlafen.

In der Bambushütte schlafe ich extrem gut.

Außer dem Meer und einer leichten Brise, die durch die Bambusstäbe und die Palmblätter weht ist nichts zu hören. Gelegentlich gibt es einen dumpfen Schlage wenn eine Kokosnuss zu Boden plumpst.

 

Mit dem Sonnenaufgang sind wir bereits ausgeschlafen.

Als erstes hüpfe ich erstmal ins Meer.

Noch vor dem Frühstück können wir in dem tollen Licht der aufgehenden Sonne noch ein paar schöne Aufnahmen machen.

 

Nach dem Frühstück sitzen wir wieder zusammen. Und siehe da, Nacho, Jesus und Lomberto lassen sich bereits ein kühles Bierchen schmecken.

Sie scheinen unseren Ausflug echt zu genießen..

 

Nacho fragt nach unseren weiteren Plänen.

Ich erzähle ihm, dass wir beschlossen hätten von Panamá-Stadt nach Bocas Del Toro zu fliegen.

Ich hatte mich zuvor mit Kai über unsere weiteren Pläne unterhalten. Wir hatten noch eine Menge Zeit bis wir wieder zurück nach Bogotá müssten.

Eine Option wäre gewesen bereits jetzt schon nach Bogotá zurück zu fliegen, und von dort runter an den Amazonas zu fliegen.

Das Dreiländereck Kolumbien, Brasilien und Peru ist eine meiner weiteren Lieblingsecken in Kolumbien.

Dann erzähle ich Kai noch von Bocas. Dieser Ort, in der Karibik an der Grenze zu Costa Rica ist von Panamá-Stadt leicht mit dem Flieger zu erreichen.

Es ist dort zwar relativ touristisch, aber trotzdem noch sehr entspannt, und ideal um den Urlaub weiter zu verlängern.

Kai tendierte zu Bocas. Er sagte mir, dass er zwar extrem gespannt auf den Dschungel im Amazonas wäre, ihm etwas mehr Zivilisation jetzt aber auch gut gefallen würde.

Er fing gerade erst an, sich von dem extrem heißen und schwülen Klima etwas zu erholen. Vielleicht würde ihm Bocas besser bekommen.. Also gut. Ich war vor einigen Jahren mit Wally schonmal kurz dort, und fand es dort echt schön.

Der Plan war gemacht.

 

Nacho zeigte sich sofort hilfsbereit und reservierte uns telefonisch zwei Flüge für den nächsten Tag.

Der Flug nach Bocas sollte sich auch lohnen. Deshalb wollten wir schon am Folgetag abreisen. Obwohl uns diese Insel extrem gut gefallen hatte..

Nacho erklärte uns, dass es besser wäre die letzte Nacht direkt in Cartí zu verbringen. Dort wäre heute ja auch diese Tanzveranstaltung der Kuna..

Ausserdem erzählte er mir noch von einer „Chicha-Brava“ auf einen nahe gelegenen Insel. Dazu komme ich später nochmal.

Dazu hatte ich Lust.

 

Aber zuerst wollten wir den Tag ganz langsam angehen lassen.

Wir freuten uns darüber, dass wir noch einen kompletten Tag gemeinsam in dieser Runde verbringen würden. Das konnte nur schön werden.

Nacho sicherte uns zu, dass wir entscheiden sollten wann wir in Richtung Cartí ablegen.

 

Wir wollten uns aber nicht stressen und genossen noch etwas die Insel.

Zwischenzeitlich sind auch einige weitere Tagesausflügler zu Besuch gekommen.

Baden, Hängematte baumeln und frische Kokosnuss schlürfen. Entspannung pur.

Dann gewann aber doch wieder die Neugier Überhand. Wir waren gespannt was uns in Cartí oder bei der „Chicha Brava“ noch erwarten sollte..

 

Also weiter weiter..

 

Es war später Vormittag und unglaublich heiß als wir mit dem Boot in Richtung Cartí starteten.

 

Auf dem Weg nach Cartí stoppten wir noch auf einer weiteren kleinen Insel.

Auch diese Insel schien wie das Paradies. Weisser Puderzuckerstrand, überhängende Palmen und türkises Wasser.

Sofort wurde mir aber der Unterschied zu „unserer“ Insel klar. Hier war es durchaus schon etwas touristischer..

Die angereisten Tagesgäste sollten z.B. eine Gebühr zahlen. Nacho kannte mal wieder irgendwen. Also konnten wir uns das schonmal sparen.

Sonst war die Insel wirklich schön. Was allerdings nicht so in diese Südseeszenerie passte, war eine Baustelle.

Man konnte erkennen, dass hier einige solide Häuser entstehen sollten. Nicht schwer zu erahnen, wofür.

Ich schaute mich auf der Insel etwas um. Hier war auch schon deutlich mehr los. Man kann es schon fast touristisch nennen. Mir hat da die Insel auf der wir übernachtet hatten deutlich besser gefallen.

Dann macht uns Nacho einer Person bekannt. Nacho stellt ihn als den Eigentümer der Insel vor.

Nacho erklärt ihm, dass er sich mit mir darüber unterhalten hätte einige Touristen auf eine nachhaltige Art und Weise nach Armila zu bringen. Danach sollte es weiter durch die Inselwelt von San Blas gehen.

Zuerst fragte ich mich was Nacho denn mit diesem Typ vor hatte. Es war schon auf dem ersten Blick zu sehen, dass der Tourismus, der auf dieser Insel betrieben wird nicht ansatzweise etwas mit dem Projekt zu tun hat, was ich zusammen mit Nacho ins Auge gefasst hatte.

Als dann aber schließlich nur der andere Typ geredet hatte war mir es mir schon klar. Nacho wollte nur mal hören.

Der Andere jedoch hat wohl irgendwie gedacht, er könne uns mit seinen Idee begeistern.

Stolz erzählte er uns wie viele Touristen er durch seine Anlage schleusen könne. Und von seinen neuen Steinhäusern. Er rechnete und rechnete und hörte überhaupt nicht mehr auf zu reden. Grausig.

Es war nicht schwer zu erkennen, dass dieser Mann um jeden Preis seinen Gewinn optimieren wollte.. Nacho und ich tauschten Blicke. Wir verstanden uns.

Trotzdem konnte ich diesem Typ irgendwann nicht mehr zuhören. Ich stand irgendwann auf, stellte mich mit Blick zu Nacho hinter diesen Typen und signalisierte mit den Händen die Bewegung zu „Cut“. Der Typ hatte sich so in Fahrt gesprochen, dass der das gar nicht mitbekommen hatte..

Kurz darauf waren wir wieder auf dem Weg zum Boot. Ich unterhielt mich kurz mit Nacho. Er war der gleichen Meinung wie ich.

 

Auf der Bootfahrt nach Cartí habe ich mir noch ein paar Gedanken über diese Erfahrung gemacht.

Warum? Aber die Antwort kennt ja jeder. Gewinnoptimierung. Da bleibt halt so einiges auf der Strecke..

Die San Blas Inseln werden sich in Zukunft auch noch touristisch weiter entwickeln.

Natürlich will da jeder ein Stück vom Kuchen abhaben.

Dann liegt es an jedem selbst diesen Tourismus nachhaltig zu gestalten oder nicht.

Mir wurde nur wieder bewusst, wie viel schwieriger es in Zukunft noch werden wird das „Besondere“ zu finden.

Dabei war ich froh die Erfahrungen der letzten Woche gemacht zu haben..

 

Dann kommen wir nach Cartí. Nach Capurganá wieder ein etwas größerer Ort. Aber Autos gibt es auch hier nicht.

Wir legen an einem schäbigen Bootsanleger an. Emsiges Treiben und Gewusel. Boote werden be- und entladen. Zwischendurch rennt mal ein streunender Hund herum.

Kurz hinter dem Anleger befindet sich ein kleines Restaurant. Wenn man es so nennen kann. Eine schummrige Spelunke mit kleinen Holztischen. In einer Ecke befindet sich eine Auslage mit tropischen Früchten.

Irgendwie finde ich den Laden toll.

An irgendeinem Tisch in der Ecke könnte gerade Bud Spencer über einer, ihm so wichtigen Mahlzeit sitzen. Während in einer anderen Ecke gerade ein Gerangel losbricht, in dessen Verlauf es ihm die Mahlzeit vom Tisch haut und er dann keine andere Wahl hat, als bei diesem Gerangel mitzumischen.. Haha.. Genau so ein Laden könnte das sein.. 🙂

Aber bevor wir unser Mittagessen einnehmen, beziehen wir unsere Zimmer. Zimmer!? Ja genau.

Aussen, bei der Mole führt eine Treppe in das Obergeschoss des Gebäudes.

Nacho zeigt uns, wo wir übernachten können.

Das Gute: jeder bekommt sein eigenes Zimmer. Der Haken: Es sind eigentlich gar keine richtigen Zimmer.

Die Wände bestehen aus etwas dickerer Pappe die auf einer Höhe von ca. 2,50 m faktisch nicht mehr vorhanden sind. Also wozu überhaupt Wände..? Die Türen lassen sich von innen auch nicht verschliessen. Ich überlasse Kai die Wahl des „Zimmers“ 😉

Ich bringe mein Gepäck in mein Zimmer. Als ich mich mal probeweise auf das Bett lege, sitze ich fast. Die Matratze ist so durchgelegen, dass man mit dem Hintern auf dem durchhängenden Rost sitzt. Oh Man.. Dazu diese Hitze. Unter dem Blechdach fühlt man sich wie in einer Bratröhre.

Ich will zurück auf unsere Insel. Egal, es ist nur für eine Nacht, denke ich mir..

Also erstmal raus. Wir gehen ein Stockwerk tiefer und bestellen Mittagessen. Hühnchen. Echt lecker, und ohne Keilerei a la Bud Spencer Manier.. ;-))

 

Cartí besteht aus unzähligen, dicht an dicht stehenden kleinen Häuschen und Hütten. Da es hier auch keine Autos gibt, wird der gesamte Ort von kleinen Staubstraßen durchzogen

Da hier heute und morgen das Tanzfest stattfindet ist der Ort voll. Die Menschen drängen sich durch die engen heißen Gässchen. Es ist unvorstellbar, wie heiß es ist.

Als wir zu einem kleinen Platz kommen, an dem sich die Menschen drängen, haben wir die Tanzveranstaltung erreicht.

Wir schauen uns auch einige Tanzgruppen an. Am Rand sitzt eine kleine Jury, die sich aus Kuna-Indianern zusammensetzt.

Die Tanzrichter bewerten die Gruppen nach ihrer Choreographie. Hierbei kommt es auf das synchrone Zusammenspiel der einzelnen Gruppenmitglieder an.

Ich halte mich an meiner Wasserflasche fest. In dem engen Örtchen steht die Luft.

Da wir ja bereits in Armila eine tolle Tanzaufführung exklusiv genießen durften, beschließen wir weiterzuziehen.

Ich frage Nacho nach der „Chicha Brava“. Oh ja, stimmt. Gibt er mir zur Antwort und wir gehen zurück zum Boot.

Unterwegs treffen wir Lomberto und Jesus, die sich schon freudig unter das Partyvolk der Tanzfestbesucher gemischt haben.

Nacho sagt ihnen dass es weiter geht.

Mir ist es unangenehm, weil ich sehe, dass die beiden echt Spaß haben. Sollen sie doch noch. Wir haben Zeit. Null Problemo. Es scheint, dass sie ebenfalls gerne zur Chicha Brava möchten. Also los.

Wir legen ab, und sind ca. 20 Minuten unterwegs, als wir eine weitere Insel erreichen.

 

Diese Insel unterscheidet sich wieder von den Inseln die wir bereits gesehen haben.

Nacho erklärt mir, dass hier keine Touristen hinkommen. Diese Insel wäre noch sehr traditionell. Toll. Wir sind gespannt.

Als wir anlegen, werden wir schon freudig begrüßt. Nacho kennt hier wieder Leute.. Na klar.

Wir schlendern durch den Ort. Und obwohl es sich bei dem Ort um ein traditionelles Kuna Dorf handelt wie wir es schon kennen, ist es hier anders.

Die Wege sind voll mit Menschen. Alle reden miteinander und lachen. Wie auf einem Volksfest.. Und dann merke ich es.. Die sind betrunken..

 

Hier mache ich mal einen kleinen Exkurs. Zu dem Thema „CHICHA“

Ich kannte den Begriff schon aus meiner Zeit in Kolumbien. Die Studenten trinken das in der Candelaria. Dem alten Stadtteil von Bogotá. Weil es günstig ist.

Chicha ist ein uraltes Getränk der lateinamerikanischen Uhreinwohner.

Die Herstellung erfolgt, regional etwas unterschiedlich, aus Maissaft und Zuckerrohrsaft. Oder beidem.

Das trübe Gemisch wird ca. 10 Tage fermentiert und entwickelt dabei Alkohol. Der Alkohlgehalt ist etwas niedriger als der von Wein.

Man trinkt dieses Gebräu aus der „Tortuma“. Eine Trinkbehältnis, gefertigt aus einer Schale der Kokosnuss oder der Schale eines kleinen Kürbisses.

Nicht besonders lecker, aber der Zweck dieses Getränkes ist ein anderer..

Und das sehe ich auf den Wegen in diesem Ort.

Der Begriff „Chicha Brava“ meint dann lediglich ein Fest, zu welchen Anlass auch immer, an dem es darum geht gemeinsam Chicha zu trinken.

Wir haben kurz nach Mittag. Naja, immerhin Sonntag. Ich weiß, dass an diesem Tag in Lateinamerika gerne mal einer getrunken wird.

Wir kommen schließlich zu der großen Gemeinschaftshütte des Dorfes. Hier scheint das Zentrum der Veranstaltung zu liegen.

Nacho redet mit verschiedenen Leuten. Dann sagt er uns dass wir in die Hütte dürfen. Wow. Ich bin echt gespannt.

Ein weiters kulturelles Fest an dem wir teilhaben dürfen.

Nacho erklärt uns den Anlass dieser Veranstaltung. Eine Familie ist Gastgeber dieses Festes, und hat das gesamte eingeladen, um zu feiern, dass aus ihrer kleinen Tochter nun eine Frau geworden ist. Also irgendwie eine Art Kommunion.

Wer weiß, wie wichtig den Kuna-Indianern ihre Integrität ist, weiß was es bedeutet uns Zutritt zu solch einer Veranstaltung gewähren zu lassen. Natürlich dürfen wir hier nicht filmen.

Wir treten aus dem gleissenden Sonnenlicht in die dunkle Hütte. Durch die Bambusstäbe fällt nur wenig Sonnenlicht in die Hütte. Etwas zusätzliches Licht scheint aus einigen Petroleumlampen. Es ist heiß und stickig.

Ich schätze es halten sich ca. 100 Personen in der Hütte auf. Allerdings sind zwei Bereiche nach Männern und Frauen getrennt.

Viele Männer aller Altersklassen sitzen auf niedrigen Bänken am Rand der Hütte.

Als wir die Hütte betreten schaut man uns an. Vielmehr interessiert als misstrauisch.

Wir schauen uns das Treiben an. An einer Wand der Hütte stehen zwei Holzfässer aus denen die Chicha mit den Tortumas geschöpft wird.

Es ist immer eine kleine Gruppe von 5-7 Personen die gleichzeitig trinken.

Man schöpft die Tortuma voll, trifft sich in der Mitte der Hütte. Dann tanzt man wie bei einem Regentanz im Kreis und es wird gesungen.

Schließlich wird gestoppt, die Trinkschale in Richtung Hüttendecke gehalten und dann zum Mund geführt.

Wem es gelingt trinkt sie in einem Zug leer. Und das ist einiges..

 

Nachdem Kai und ich uns dieses Treiben eine kurze Zeit angeschaut haben frage ich mich wo Nacho steckt.

Schließlich kommt er mit einem freudestrahlenden Jesus und Lomberto zu uns. In den Händen halten sie Tortumas gefüllt mit Chicha. Ohje, ich weiß was jetzt kommt. Und schon halte ich eine Schale mit ca. einem halben Liter hellbrauner, trüber, lauwarmer Chicha in den Händen.

Kai´s Magen ist immer noch nicht richtig in Ordnung. Nacho denkt erst gar nicht daran ihm eine Schale zu reichen.

Bei mir macht er sich da wohl weniger Sorgen. Ich allerdings schon..

Na gut. Wir prosten uns zu, ich nehme einen Schluck und suche jemanden dem ich die Schale weiterreichen kann.

Nein nein. Das sei alles für mich. Au Backe. Ich schaue zu Kai. Der zieht nur die Augenbrauen hoch. Da komme ich wohl nicht drum herum.

Ok. Nacho möchte mich an allem teilhaben lassen. Und natürlich gehört so eine Chicha Brava auch dazu.. Also lasse ich mich darauf ein.

Wir gehen in die Mitte der Hütte und dann geht´s los. Ich mache einfach mit. Ist ja nicht so schwer.. Ausserdem gibt´s jetzt eh kein zurück mehr. Schnell verabschiede ich mich noch von Kai und sage ihm er soll danach schön auf mich acht geben..

Und so sieht das aus: Ich begebe mich mit Nacho, Jesus, Lomberto und weiteren fünf oder sechs Indianern, unter den gespannten Blicken aller Festbesucher, in die Mitte der großen Hütte. Dann fangen wir an zu singen, tanzen im Kreis und stampfen dabei mit den Füßen auf den Boden. Und jetzt fragt mich bitte nicht danach, was da gesungen wurde..!! 😉 Es klang irgendwie so: „Hua hua hua huuaaaoohh!!“

Aber vielleicht war es auch ein richtiges Lied und ich habe nur diese Geräusche gemacht..

Und obwohl ich nicht weiss wie ich diese Riesenschale Chicha vertragen werde, kann ich es nicht abwarten davon zu trinken. Nicht weil ich mich besonders darauf freue. Nein, ich will mich betäuben, weil ich mir mit meiner Boardshort, Trägerhemd und FlipFlops unter diesen Indianern, die mir alle mal bis zur Schulter reichen, extrem blöd vorkomme und ich es einfach nur hinter mich bringen will.

Bei dem letzten langezogenen „Huuaaooo“ strecken wir die Tortumas in der Mitte des Kreises in die Höhe. Dann zum Mund und los geht´s. Weil ich mir schon peinlich genug vorkomme, will ich mir nicht noch mehr die Blöse geben, schließe die Augen und schlucke, schlucke, schlucke.. bis meine Tortuma leer ist. Geschafft. Ich schaue erwartungsvoll in die Runde und warte, ob irgendetwas komisches mit mir passiert. Eine erste Körperreaktion bleibt schonmal aus. Das ist gut.

Ausser mir hat nur noch Lomberto seine Tortuma leer getrunken.

Ich ernte anerkennde Blicke und man klopft mir auf die Schulter. Während ich mir denke, dass manche Sachen auf der ganzen Welt einfach alle gleich sind, hoffe ich, mich nicht doch noch übergeben zu müssen. Aber alles bestens. Ich vertrage das Gebräu besser als ich erwartet hatte.

 

Das fällt natürlich auch Nacho auf. Er freut sich für mich und fragt mich ob ich gleich nochmal wolle.. Ich lehne dankend ab.

Dann stellt man mir den „Braumeister“ vor. Sichtlich stolz genießt er die dankende Anerkennung aller Anwesenden Personen. Und ich stelle fest, dass dieser 80-Jährige sein Gebräu heute auch schon des Öfteren einer Qualitätsüberpüfung, im Selbstversuch, unterzogen hat..

 

Nach und nach lerne ich weitere Persönlichkeiten dieser Gemeinde kennen.

Und obwohl das Eis inzwischen gebrochen ist, müssen wir unsere Kamera da lassen wo sie ist. Den Indianern ist ihre Veranstaltung zu intim. Ich kann das sehr gut verstehen.

 

Schließlich geht es aus der dunklen Hütte in das gleißende Sonnenlicht.

Als wir durch das Dorf schlendern frage ich ich, was denn nun das Mädchen, welches ja der Anlass dieser Veranstaltung ist, von dem Fest hat. Schließlich geht es hier darum, dass sich die gesamte Gemeinde i Kollektiv betrinkt. Ich verzichte darauf die Frage an Nacho zu stellen.

Als nächstes geht´s zur einer weiteren Hütte. Nacho spricht kurz mit den Personen die darin wohnen, dann werden wir hinein gebeten. Und das erste mal sind wir zu Gast in den privaten Räumlichkeiten einer Kuna-Familie.

Man macht uns Stühle oder eine Hängematte frei und bietet uns etwas zu Essen an.

Und obwohl dieser Besuch keinen eigentlichen Zweck, wie z.B. ein Interview, hat, finde ich es durchaus interessant. Weil es entspannt ist. Wir baumeln in der Hängematte und unterhalten uns. Dabei können wir eine Frau beobachten wie sie eine Mola fertigt. Gelegentlich kommt mal ein zerstruppter Hund in die Hütte und beschnüffelt uns neugierig. Nach ein paar Streicheleinheiten verschwindet dieser wieder, bis ein anderer zerstruppter Hund kommt.

Wir sind praktisch mittendrin in dem alltäglichen Leben einer Kuna-Familie. Unspektakulär aber hochinterssant.

Und dann merke ich, dass sich Nacho doch etwas bei diesem Besuch gedacht hat.

Nachdem nämlich einige Zeit vergangen ist, sagt er mir ganz beiläufig, dass wir jetzt filmen dürften.

Super. Ich gebe die Info genauso beiläufig Kai weiter, der sofort die Kamera startklar macht. Genau solche Aufnahmen wollten wir noch haben.

 

Es ist inzwischen später Nachmittag, als wir uns von der Familie verabschieden.

Ein sichtlich angetrunkender Lomberto begleitet uns zum Boot. Au Backe, das ist doch unser Steuermann..

Von Jesus ist keine Spur. Will der denn nicht auch mit? Frage ich Nacho. Ach der kommt schon zurecht..

Als wir ablegen und gerade mal zehn Meter vom Ufer entfernt sind kommt Jesus mit fuchtelnden Armen an Ufer gerannt. Er will mit. Nacho und Lomberto fangen nur total laut an zu lachen. Lomberto gibt Gas und verschwindet weg vom Ufer. Die beiden lachen sich kaputt. Warum wir denn Jesus zurücklassen würden? Ach, der kommt schon zurecht.. OK

 

Als wir mit dem Boot auf dem Weg zurück nach Cartí sind wird es bereits langsam dunkel.

Ich sitze verträumt im Boot und denke mal wieder über alles nach. Schließlich sollte dies der letzte Tag mit den Indianern gewesen sein. Ich bin ein wenig traurig, freu mich aber über die unglaublichen Erlebnisse die wir hatten.

Gerade als ich so beim Träumen bin macht das Boot einen gefährlichen Schlenker. Wir haben Jesus als Ausguck nicht dabei. Aber das Meer ist spiegelglatt und sieht nicht nach gefährlichen Untiefen aus.

Als ich mit nach hinten drehe weiß ich was los ist. Lomberto strahlt über das gesamt Gesicht und zeigt mit gestrecktem Daumen „Alles ok“. Dabei schielt er mit dem einen Auge in eine völlig andere Richtung als das andere. Ach Herr je. Der ist völlig betrunken und wohl kurz eingenickt.. Bei voller Fahrt.. Naja, ich denke mir, solange Nacho entspannt ist, können wir das auch sein. Trotzdem fehlt mir Jesus als Ausguck.. 😉

 

Es ist fast ganz dunkel als wir vor unserer Absteige festmachen. Lomberto lässt uns nur kurz aus dem Boot hüpfen und will wieder ablegen. Wo will er denn hin? Frage ich Nacho.

Der schläft mit Jesus auf einer anderen Insel. Dort liegt das Boot sicherer. Morgen früh holen sie uns ab.

Sicherer!? Lomberto ist völlig betrunken. Und es ist inzwischen dunkel. Morgen früh..!? Ich bin gespannt. Aber das soll jetzt nicht mein Problem sein.. Wenn dann morgen früh..

In unserem Bud Spencer Restaurant geht´s noch kunterbunt zu. Wir essen noch etwas. Irgendwas. Nur noch nicht ins Bett. Das will ich noch etwas hinauszögern. Obwohl ich jetzt schon hundemüde bin.

 

Bei dem Essen lernen wir noch einen Spanier aus Barcelona kennen. Der sieht aus wie Robinson Crusoe. Er erklärt uns, dass er mit seinem Segelboot unterwegs ist. Ah stimmt. Mir sind zwei Boote aufgefallen. Ein Catch. Mit zwei Segelmasten. Wie er die denn so alleine steuern könne? Ja, das wäre schwierig. Aber es geht. Er wäre allerdings auf der Suche nach einer Crew. Ich muss ihn enttäuschen.. Denke aber daran als ich in Capurganá auf genau so jemanden gewartet hatte. Schließlich ist dies, neben unserem Tripp, eine der besten Möglichkeiten Guna Yala kennenzulernen.

 

Robinson Crusoe, so habe ich ihn mal getauft, begleitet uns noch mal in den Ortskern von Cartí. Da läuft immer noch die Tanzveranstaltung.

Irgendwann sind wir aber so müde, dass wir beschließen zur unserer Herberge zurückzukehren. Wir kommen da schließlich nicht drum herum.. Es ist erst acht Uhr abends.

Duschen, Zähneputzen muss ausfallen. Mich kriegt nichts mehr in diese Gemeinschafts-Nasszelle.

Dann ins Bett. Ich sitze mehr als das ich liege. Es ist brütend heiß. Unter uns ist die Küche und es stinkt furchtbar nach Fett. Ein Glück bin ich total müde und kann recht schnell einschlafen.

Irgendwann in der Nacht werde ich von einem Getrommel wach. Ein Tropenregen der auf das Blechdach trommelt. Ein unglaublicher Lärm. Eine Abkühlung gibt es trotzdem nicht.

ich döse noch ein paarmal weg. Dann wird es schließlich hell. Als ich nach draußen gehe ist Nacho bereits auf den Beinen. Morgentoilette.. Nein. An die Gemeinschaftstoilette ist nicht zu denken. Ich putze mir die Zähne mit einer Flasche Wasser am Bootsanleger. Auch ok. Dann kommt Kai. Der sieht total fertig aus.

Er aht gar nicht geschlafen sagt er mir. Seine Parzelle war direkt über der Küche und es hat gestunken wie in einer alten Würstchenbude. Das finde ich schon wieder witzig. Als ich es Nacho erzähle lachen wir uns kaputt. Oh Man..

Dann tauchen dohc noch Lomberto und Jesus auf. Sogar pünktlich. Und das Boot ist noch heil. Wahnsinn. Dafür sehen beide noch recht angeschlagen aus. Ich schätze, die waren noch etwas länger bei der Chicha Brava.. 😉

 

Wir zahlen die Rechnung unserer Unterkunft. Dann geht es los Richtung der Bootsanlegestelle am Festland.

Es ist erst halb sieben. Nacho hat seinen Cousin aus Panamá-Stadt bestellt, um uns abzuholen und nach Panamá-Stadt zum Flughafen zu bringen. Wir haben schließlich reservierte Tickets. Also das hoffe ich.

Nacho erklärte mir gestern, als er die Tickets telefonisch bestellt hatte, dass diese eigentlich am selben Tag noch bezahlt werden müssten. Er konnte die Dame aber überreden, die Tickets bis zum Folgetag, also heute um 11 Uhr für uns ohne Bezahlung zu hinterlegen. Ich war gespannt. Aber, sollte dies nicht funktionieren, wäre es das ersta mal, dass irgendetwas nicht funktioniert hätte, was Nacho organisiert hatte. Ich vertraute ihm. Dieser Mensch hatte mich wirklich sehr beeindruckt.

 

Dann näherten wir uns den Anlegestellen. Im Prinzip sind es zahlreiche hölzerne Bootsstege, an denen sich unzählige Boote tummeln. Hier ist schließlich der nördliche Startplatz vom Festland auf die traumhaften San Blas Inseln.

Aus der Entfernung lässt sich schon das bunte Treiben beobachten. Es kommen Leute mit booten an und steigen in geländegängige Fahrzeuge um. Oder umgedreht.

Fahrzeuge.. Ja, als ich mir die gesamte Szenerie vom Boot aus anschaue, hatte ich ein Gefühl, dass ich irgendetwas sehe, das ich nicht so richtig zuordnen kann. Dann wird es mir klar.

AUTOS.

Nachdem wir vor fast zwei Wochen Medellin verlassen hatten, sehen wir das erste mal wieder Autos. Überall wo wir die letzten zwei Wochen waren, gab es keine.

Als mir diese Erkenntnis bewusst wird, muss ich darüber schmunzeln.

Wir waren echt raus aus allem..

 

Dann sind wir an Land. Im Prinzip ist es nur ein Küstenstreifen. Keine Ortschaft. Vereinzelt stehen ein paar Holz- und Wellblechhütten. Alles dienst nur dem Zweck Personen von und nach Guna Yala zu schleusen.

Wir deponieren unser Gepäck in einer Holzhütte. Die Anzahl der Gepäckstücke wird notiert. Die logistische Leistung erinnert mich an Thailand.. Es läuft wie am Schnürchen. Ununterbrochen kommen und verlassen Geländewagen mit Reisenden diese Szenerie.

Am Bootsanleger sieht es ähnlich aus.

Allradfahrzeuge sind hier Pflicht erklärt mir Nacho. Andere Fahrzeuge werden erst gar nicht in das Gebiet der Kuna hineingelassen. Man regelt diesen Umstand aufgrund der Sicherheit. Später erfahre ich warum.

 

Während wir auf den Cousin von Nacho warten nehmen wir ein kleines Frühstück unter einem Wellblechdach ein.

Dann zieht es mich schon wieder los. Ein Verkehrsknotenpunkt in Lateinamerika. Und dann noch im Dschungel. Toll. Ich steh´ da irgendwie total drauf.:-)

Ich schaue mich um und schlender am Ufer entlang. Beobachte Reisende bei Kommen und Gehen und lass dieses Gewusel auf mich wirken.

Als ich auf dem Rückweg bin, sehe ich Jesus schon von weitem wie er mir mit beidne Armen wild zuwinkt. Nacho´s Cousin ist da.

Ok, dann war´s das jetzt endgültig.

Als ich beim Jeep bin wird schon unser Gepäck auf dem Dach des Geländewagens verladen. Nacho stellt uns seinem Cousin vor und drängt ihn zur Eile. Wir sollen pünktlich am Flughafen Albrook in Panamá-Stadt sein. Bis zuletzt gibt er sich die beste Mühe dass alles gut und reibungslos läuft. Und das war es. Ohne Ausnahme. Und neben dem Umstand, dass wir tolle neue Freunde gwonnen haben, bin ich zusätlich davon beeindruckt dass durch Nacho´s Hilfe und Organisationstalent alles so wahnsinnig gut lief. Das hätte ich hier, in Lateinamerika, nicht erwartet.

Dann kommt die Verabschiedung.. .. .. 🙁

Wie erwartet fällt sie sehr herzlich aus und ich merke, dass auch Nacho, Jesus und Lomberto traurig sind.

Dann müssen wir los. Mit uns kommt noch eine Kuna-Familie.

 

Die Straße, anfangs eine lediglich eine Schlammpiste führt durch den Dschungel.

Dann kommt ein asphaltierter Teil, welcher für das Auto nicht minder anspruchsvoll ist.

teilweise geht die Straßenführung über solch steile Hügel, dass man nicht über die Kuppel schauen kann, oder sich im Auto festhalten muss, um nicht nach vorne zu purzeln. Deshalb der Allradwagen.

 

Nach ca. einer halben Stunde ereichen wir einen Checkpoint. Ich vergass. Panamá..

Schilder signalisierten uns, dass wir nun das Gebiet der Kuna verlassen würden.

Am Straßenrand standen, ich nenne sie mal Polizisten, der Kuna. Sie trugen zivile Kleidung und machten einen extrem entspannten Eindruck. Die Fahrzeug die uns entgegekamen, und in das Gebiet der kuna wollten, wurden nur kurz gestoppt. Ein kurzer Blick in das Innere des Fahrzeuges, ein freundlicher Gruß, und die Reisenden konnten weiterfahren.

Aber wir wollten ja raus aus dem Kuna-Gebiet. Und rein nach Panamá.. Gerade habe ich daran gedacht, da standen wir schon im Stau.

Fünf Fahrzeuge vor uns konnte ich eine kleine Gruppe Touristen erkennen. Sie sahen wie Amerikaner aus.

Das gesamte Fahrzeug wurde entladen. Das gesamte Gepäck durchsucht. Jetzt von panamaischen Militär. Na klar. Ich hatte es schon verdrängt. Also war Geduld angesagt. Mal wieder.

Ich vertrat mir die Beine.

 

Dann sind wir schließlich an der Reihe. Aber auch diese Grenzbeamten waren recht entspannt. Ich erkläre den Grund unseres Aufenthaltes. Deswegen die Filmausrüstung. Kein Problem. Wir beladen wieder unseren Jeep und weiter geht die Reise.

Wir fahren noch ca eine halbe Stunde auf dieser kleinen Dschungelpiste bis wir die Hauptstraße erreichen. Die Panamericana.

Auf der geht es dann in Richtung Hauptstadt.

Als wir dies erreichen, lassen wir noch die Familie aus dem Auto, dann bringt uns Nacho´s Cousin, pünktlich auf die Minute, ans Flughafenterminal. Wie schafft das Nacho nur alles.

Wir verabschieden uns. Da sind wir wieder. In der Zivilisation. Am Flughafen Albrook. Den ich überhaupt nicht mag. Mit Leyri hing ich hier das letzte mal vier Stunden in der Polizeikontrolle fest. Nur weil wir direkt aus Puerto Obaldia kamen, und deswegen potentielle Drogenschmuggler waren. Wir haben damals den flieger verpasst, mit dem wir eigentlich weiterfliegen wollten.

 

ich bin gespannt wie es diesmal läuft. Erstmal musste ich auf Toilette. Will mich etwas frisch machen. Und siehe da. Am gesamten Flughafen funktioniert kein fliesend Wasser.. Ja klar. Albrook.

Am Schalter sieht dann aber alles besser aus. Tatsächlich besteht unsere Reservierung noch. Wir checken ein, und bekommen die Tickets.

Die Dame möchte schon den nächsten Gast aufrufen. Ob wir denn nicht bezahlen müssten? Denn das sei bislang noch nicht geschehen. Wir hatten lediglich reserviert. „Ach so, stimmt ja..!“ bekomme ich als Antwort. Ich Idiot.. Egal. Wir wollen uns ja nichts ergauner. Oder das Nacho nachträglich noch irgendwelche Probleme bekommt.

Dann noch durch die Sicherheitsschleuse und ins Warteterminal. Hier ist es so kalt wie in einem Kühlschrank. Vor der Klimaanlage gibt es kein Entkommen.

Und natürlich hat unser Flieger eine Stunde Verspätung. Albrook.

 

Aber dann geht´s los. Wir sitzen in der Propellermaschine und sind auf dem Weg nach Bocas Del Toro.

Ich Flieger starre ich nur aus dem Fenster. Haben wir das tatsächlich alles erlebt..? Sind wir wirklich erst seit knapp zwei Wochen unterwegs..?

Mein Kopf ist voll mit Eindrücken und Emotionen.. Ich kann das alles noch gar nicht glauben was wir da erlebt haben. Kai geht es ähnlich.

Wir sind traurig die Indianer verlassen zu müssen. Freuen uns aber auf Bocas. Hier wollen wir nur Urlaub machen. Mein oberstes Ziel ist allerdings zu schreiben. Ich merke, wie es mir unter den Nägeln brennt alles runterzuschreiben. Eindrücke zu verarbeiten..

 

Drei Tage später ist es dann soweit. Ich sitze in einer entspannten Bude im Dschungel und fange an zu schreiben.

Mein erster Bericht ist nun ca. sechs Wochen her. Seit ca. vier Wochen sind wir wieder zu Hause.

Bis heute habe ich fast täglich an meinem Blog gearbeitet. Zum einen um diese wahnsinnigen Eindrücke zu verarbeiten. Zum anderen, um eine Art Tagebuch für mich zu führen.

Alle Berichte habe ich mit Fotos unterlegt, um Euch so gut es geht daran teilhaben zu lassen. Ich möchte versuchen Euer Intersse für die Kultur der Kuna-Indianer zu wecken.

Ich hoffe es ist mir etwas gelungen.

Damals auf der Insel Iguana sprach ich mit Nacho über die Idee weitere Menschen für so eine Tour zu begeistern.

Heute weiss ich, dass das nicht nur einfach so eine Idee war. Ich beabsichtige tatsächlich zu versuchen dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Dieser Blog soll Interssierten als Information dienen.

 

Eine Beschreibung meiner Idee findet ihr unter der Rubrik „Yala-Travel“.

 

Weil das alte Jahr gerade zu Ende geht, und ich gerne jetzt schon mit diesem Blog nach möglichen interessierten Travelern für unser Projekt suchen möchte, mache ich auch in der Chronologie meines Blogs eine Pause, und stelle alles online.

 

Auch in Bocas Del Toro, oder später wieder in Kolumbien, Villa De Leyva, oder die letzten Tage in Bogotá geben noch eine Menge Stoff für weitere Berichte und tolle Bilder her. Das werde ich in Kürze auch fortsetzen.

Das, was mich aber auf dieser gesamten Reise am nachhaltigsten beeindruckt hat, habe ich hier runtergeschrieben.

Die Fülle und die Dauer der Berichte lassen, glaube ich darauf schließen, wie sehr uns diese Reise zu den Indianer und unser Filmprojekt beeindruckt haben.

 

Ich hoffe, ich konnte Euch ein klein wenig von dieser Begeisterung abgeben, und bei dem ein oder anderen das Interesse für so eine Tour wecken..!?

Ich will auf jeden Fall schnell wieder hin.. 😀

 

 

Saludos cordiales

Matzke